Silicon Valley forciert seine Expansion in den europäischen Zahlungsmarkt: PayPal positioniert seinen PYUSD-Stablecoin strategisch als globales Zahlungsmittel – mit klarem Fokus auf den EU-Raum. Während der digitale Euro noch in der Entwicklungsphase steckt, baut der US-Finanzriese bereits eine Blockchain-übergreifende Infrastruktur auf. Diese Dynamik könnte die EZB unter erheblichen Handlungsdruck setzen und die Karten im digitalen Währungswettbewerb neu mischen.
PayPals Multi-Blockchain-Strategie eröffnet neue Märkte
Der PYUSD-Stablecoin von PayPal hat seit seiner Einführung im August 2023 beachtliche Fortschritte gemacht. Mit einer aktuellen Marktkapitalisierung von 703 Millionen US-Dollar und monatlichen Transfers von über 4 Milliarden US-Dollar etabliert sich der Token als ernstzunehmender Player im Stablecoin-Markt.
Besonders bemerkenswert ist PayPals Multi-Blockchain-Ansatz. Ursprünglich als ERC-20-Token auf der Ethereum-Blockchain gestartet, expandierte PYUSD im Mai 2024 auf die Solana-Blockchain. Diese technologische Erweiterung ermöglicht deutlich schnellere und kostengünstigere Transaktionen – ein entscheidender Vorteil im internationalen Zahlungsverkehr.
Die 2025-Offensive: PayPal zielt auf 20 Millionen Händler
PayPal verstärkt seine Stablecoin-Ambitionen für 2025 mit einer klaren Wachstumsstrategie. Das Unternehmen plant, PYUSD als Zahlungsoption für über 20 Millionen Händler verfügbar zu machen – ein massiver Skalierungsschritt, der den Token tief in das globale Handelsnetz integrieren würde. Michelle Gill, Leiterin von PayPals Kleinunternehmen- und Finanzdienstleistungseinheit, betont dabei besonders das Potenzial bei grenzüberschreitenden Zahlungen, wo PYUSD traditionelle Bankensysteme, Währungsumrechnungen und langsame Abwicklungen umgehen kann.
Neue Zahlungsdienste mit Stellar-Integration
Die geplante Integration des PYUSD auf der Stellar-Blockchain markiert einen weiteren strategischen Meilenstein. Stellar ist bekannt für seine Effizienz bei internationalen Zahlungen und könnte die Nützlichkeit des Stablecoins für reale Zahlungsfälle erheblich steigern.
PayPal hat zudem eine innovative Zahlungsoption vorgestellt, die es kleinen Unternehmen ermöglicht, über 100 Kryptowährungen zu akzeptieren. Diese werden automatisch in PYUSD umgewandelt, wodurch Händler die Vorteile von Krypto-Zahlungen nutzen können, ohne sich mit volatilen Kursschwankungen auseinandersetzen zu müssen.
Mit attraktiven Transaktionsgebühren von anfänglich nur 0,99% im ersten Jahr (später 1,5%) positioniert sich PayPal deutlich unter den Kosten für internationale Kreditkartentransaktionen.
Besonders spannend ist das geplante „PayFi“-Modell, das kleinen Unternehmen nahezu sofortigen Zugang zu Betriebskapital in Form von PYUSD bieten könnte – ein potenzieller Game-Changer für das Cashflow-Management.
Digitaler Euro unter Zugzwang
Während PayPal seine Stablecoin-Infrastruktur aggressiv ausbaut, befindet sich der digitale Euro noch in der Vorbereitungsphase. Der EZB-Rat wird voraussichtlich erst im Oktober 2025 über das weitere Vorgehen entscheiden – eine Einführung wird von Experten frühestens für 2028/2029 erwartet.
Diese Zeitverzögerung könnte problematisch werden. Eine Studie vom März 2025 zeigt bereits, dass 58% der europäischen Bürger es für unwahrscheinlich halten, einen digitalen Euro für alltägliche Zahlungen zu nutzen.
Hinzu kommen Bedenken bezüglich der Auswirkungen auf die Finanzstabilität. Ein Bericht der Banque de France warnt, dass im Extremfall die Substitution von Bankeinlagen durch eine CBDC die Bankfinanzierungsressourcen um 10% bis 15% reduzieren könnte.
MiCA als europäische Antwort auf die Stablecoin-Revolution
Die EU hat mit der Markets in Crypto-Assets (MiCA) Regulierung einen Rahmen geschaffen, der seit Juni 2024 vollständig in Kraft ist. Diese Verordnung stellt strenge Anforderungen an Stablecoin-Anbieter, darunter vollständige Reservedeckung, regelmäßige Transparenzberichte und obligatorische Audits.
Mehrere europäische Stablecoin-Projekte wie EUROe von Membrane Finance, EURC von Circle und Monerium EUR haben sich bereits auf MiCA-Konformität ausgerichtet. Gleichzeitig wurden nicht-konforme Token wie Tethers USDT eingeschränkt.
Digitale Souveränität als strategischer Imperativ
Die Entwicklung eines digitalen Euros ist für die EU auch eine Frage der strategischen Autonomie. Derzeit haben bis zu 13 der 20 Euro-Länder kein nationales Kartensystem und sind hauptsächlich auf nicht-europäische Kreditkartenunternehmen angewiesen.
Die Verabschiedung des GENIUS Act in den USA im Juli 2025 – ein wegweisendes Stablecoin-Gesetz – hat in der EU eine neue Debatte über die Risiken für die Währungssouveränität entfacht. Trotz unterschiedlicher Ansätze gibt es überraschend viele Gemeinsamkeiten zwischen MiCA und dem GENIUS Act, was auf eine mögliche regulatorische Konvergenz hindeutet.
Chancen im digitalen Währungswettbewerb
Die Entwicklung zeigt: Wer die Infrastruktur für digitale Währungen kontrolliert, gestaltet die Zukunft des globalen Zahlungsverkehrs. Für die EU bedeutet PayPals Vorstoß sowohl Herausforderung als auch Chance, den eigenen digitalen Euro zu beschleunigen und wettbewerbsfähig zu gestalten.
Unternehmen sollten beide Entwicklungen aufmerksam verfolgen. Die Nutzung von Stablecoins wie PYUSD könnte bereits heute erhebliche Effizienzgewinne bei internationalen Zahlungen bieten, während der digitale Euro mittelfristig eine europäische Alternative darstellen wird.
PaymentExpert.com – PayPal’s PYUSD stablecoin launches on the Solana blockchain
CCN.com – PayPal Eyes Bigger Role for Its Stablecoin PYUSD, Targeting 20M Merchants in 2025
FinTech Weekly – PayPal to Expand PYUSD Stablecoin to Stellar for Faster, Cheaper Global Payments
European Central Bank – Timeline and progress on a digital euro
Deutsche Bank – CBDCs: where do we stand in Europe?