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Google dreht die Flexibilität zurück: Warum ein einziger Remote-Tag jetzt als ganze Woche zählt

Ein bemerkenswerter Kurswechsel zeichnet sich bei einem der einst flexibelsten Tech-Giganten ab: Google verschärft seine Remote-Work-Regeln drastisch. Wer künftig auch nur einen einzigen Tag pro Woche von einem anderen Ort als dem Büro arbeiten möchte, verliert gleich eine komplette Woche seines jährlichen "Work from Anywhere"-Kontingents. Diese Entwicklung steht symbolisch für einen fundamentalen Wandel in der Arbeitswelt, der weit über Google hinausgeht.

Ein bemerkenswerter Kurswechsel zeichnet sich bei einem der einst flexibelsten Tech-Giganten ab: Google verschärft seine Remote-Work-Regeln drastisch. Wer künftig auch nur einen einzigen Tag pro Woche von einem anderen Ort als dem Büro arbeiten möchte, verliert gleich eine komplette Woche seines jährlichen „Work from Anywhere“-Kontingents. Diese Entwicklung steht symbolisch für einen fundamentalen Wandel in der Arbeitswelt, der weit über Google hinausgeht.

Die neue Realität: Ein Tag zählt wie fünf

Googles neue Richtlinie stellt Mitarbeiter vor vollendete Tatsachen: „Ob Sie 1 WFA-Tag oder 5 WFA-Tage in einer Standard-Arbeitswoche einloggen, 1 WFA-Woche wird von Ihrem WFA-Wochenguthaben abgezogen.“ Diese Verschärfung betrifft das jährliche Kontingent von vier Wochen, in denen Mitarbeiter theoretisch von überall arbeiten können.

Die Änderung kam für viele überraschend, da das interne Dokument erst im Sommer verteilt wurde, kurz bevor die neue Regelung in Kraft trat. Besonders bitter für die Betroffenen: Die WFA-Zeit kann nicht für die Arbeit von zu Hause oder in der Nähe verwendet werden – und auch nicht von Google-Büros in anderen Staaten oder Ländern, was mit „rechtlichen und finanziellen Auswirkungen grenzüberschreitender Arbeit“ begründet wird.

Mitarbeiter reagieren mit Unverständnis

Bei einem kürzlichen All-Hands-Meeting brachten Google-Mitarbeiter ihre Frustration deutlich zum Ausdruck. Ein Angestellter bezeichnete das neue System als „verwirrend“ und fragte direkt, warum „sogar ein Tag WFA als ganze Woche zählt“. John Casey, Googles Vizepräsident für Leistung und Belohnungen, verteidigte die Maßnahme mit dem Argument, dass WFA „dazu gedacht war, Googler dort zu treffen, wo sie während der Pandemie waren“ und die Richtlinie „immer dazu gedacht war, in Wocheninkrementen genommen zu werden und nicht als Ersatz für die Arbeit von zu Hause in einer regulären Hybrid-Arbeitswoche“.

Teil eines größeren Trends: Die Rückkehr ins Büro

Googles Schritt ist kein Einzelfall, sondern Teil eines branchenweiten Umschwungs. Die Tech-Branche, einst Vorreiter flexibler Arbeitsmodelle, kehrt zunehmend zu präsenzbasierten Strukturen zurück.

Amazon geht dabei besonders konsequent vor: CEO Andy Jassy kündigte an, dass ab Januar 2025 alle Mitarbeiter fünf Tage pro Woche im Büro arbeiten müssen – ein deutlicher Wandel zur bisherigen Drei-Tage-Regelung. Microsoft hat ebenfalls nachgezogen und erwartet von Mitarbeitern künftig drei Tage Präsenz pro Woche, statt der bisher flexibleren Regelung, die bis zu 50% Remote-Arbeit mit Manager-Genehmigung ermöglichte.

Diese Entwicklung spiegelt einen grundlegenden Wandel in der Unternehmenskultur wider, der die während der Pandemie gewonnene Flexibilität systematisch zurückdreht.

Überwachung und Konsequenzen: Google setzt auf Badge-Tracking

Google verstärkt nicht nur die Regeln, sondern auch deren Durchsetzung. Das Unternehmen verfolgt die Büro-Anwesenheit seiner US-Mitarbeiter mittels Badge-Daten – wenn auch nach eigenen Angaben nur in aggregierter Form.

Die Anwesenheit im Büro wird zudem Teil der Leistungsbeurteilungen. Wer die Richtlinien nicht befolgt, muss mit Konsequenzen rechnen – im Extremfall sogar mit der Kündigung.

Google begann bereits Anfang 2025, einigen US-Vollzeitmitarbeitern freiwillige Abfindungen anzubieten und warnte Remote-Arbeiter aus mehreren Abteilungen, dass ihre Jobs für Entlassungen in Betracht gezogen würden, wenn sie nicht ins Büro zurückkehren.

Die Auswirkungen auf Unternehmenskultur und Mitarbeiterbindung

Experten sehen diese Entwicklung kritisch. „Eine solche Richtlinienänderung kann einen greifbaren Tribut an Moral und Retention fordern“, warnt Kelsey Szamet, Partner bei Kingsley Szament Employment Lawyers. Besonders frustrierend sei die Situation für Mitarbeiter, die unter der Annahme eingestellt wurden, semi- oder vollständig remote arbeiten zu können.

Die sich ändernden Erwartungen stellen nicht nur für bestehende Mitarbeiter eine Herausforderung dar, sondern könnten auch die Attraktivität von Unternehmen wie Google für potenzielle Bewerber beeinflussen.

Flexibilität im Wandel: Was bedeutet das für eure Unternehmenskultur?

Der Trend bei Tech-Giganten zeigt eine klare Richtung: Die Pendel schwingen zurück in Richtung Präsenzkultur. Für Unternehmen aller Größen stellt sich nun die Frage, wie sie ihre eigene Balance zwischen Flexibilität und Präsenz gestalten wollen.

Die Herausforderung besteht darin, die Vorteile beider Welten zu verbinden: Die Innovationskraft und Zusammenarbeit, die durch persönlichen Austausch entsteht, mit der Flexibilität und Work-Life-Balance, die Remote-Arbeit ermöglicht.

Eines ist sicher: Die Arbeitsmodelle der Zukunft werden nicht mehr die gleichen sein wie vor oder während der Pandemie. Sie werden neu definiert – und wie Googles Beispiel zeigt, nicht immer in Richtung mehr Flexibilität.

fortune.com – Google is tightening its ‚Work from Anywhere‘ policy

cnbc.com – Google adds limits to ‚Work from Anywhere‘ policy that began during Covid

techcrunch.com – Amazon mandates full 5-day return to office

allwork.space – Google Reduces Remote Flexibility With Harsh „Work From Anywhere“ Policy Changes

About the author

Bild von Nico Wirtz

Nico Wirtz

Der gelernte TV-Journalist hat Nachrichten und Dokumentationen gemacht, ebenso wie Talk und Entertainment für ProSieben, Kabeleins und TELE5 - am Ende ist es immer die gute Geschichte, die zählt. Emotionales Storytelling zieht sich durch sein ganzes Leben - ob als Journalist, PR- und Kommunikations-Profi, der für große Marken, wie BOGNER, L'Oréal oder Panthene an Kampagnen mitgewirkt hat, oder hier bei MARES als Chefredakteur.
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