Ein strategischer Schachzug erschüttert den Stablecoin-Markt: Zehn globale Bankriesen, darunter Bank of America, Deutsche Bank und Goldman Sachs, schmieden eine mächtige Allianz gegen den Marktführer Tether. Ihr Plan: Ein eigener Stablecoin, der an G7-Währungen gekoppelt ist. Was auf den ersten Blick wie ein technisches Finanzprojekt wirkt, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als geopolitisches Machtspiel mit weitreichenden Konsequenzen für die Zukunft des Geldes.
Die Bankenwelt greift nach der Stablecoin-Krone
Das Banken-Konsortium, zu dem auch Citi, UBS, MUFG, Barclays, TD Bank, Santander und BNP Paribas zählen, befindet sich noch in der Frühphase eines ehrgeizigen Projekts. Gemeinsam erforschen sie die Schaffung von Blockchain-basierten Vermögenswerten, die 1:1 an reale G7-Währungen gekoppelt sind. Dieser Schritt ist keine isolierte Initiative, sondern Teil einer weltweiten Bewegung traditioneller Finanzinstitute in den Krypto-Sektor.
Die Stoßrichtung ist klar: Die Banken wollen die Kontrolle über den boomenden Stablecoin-Markt zurückgewinnen, der bislang von privaten Anbietern wie Tether dominiert wird. Mit einem Marktanteil von 68,2% und einer Marktkapitalisierung von 179 Milliarden Dollar ist Tether der unangefochtene Platzhirsch – eine Position, die den etablierten Finanzakteuren zunehmend ein Dorn im Auge ist.
Das USDF-Modell als Blaupause
Als Vorbild für die G7-Initiative dient das USDF-Konsortium, eine Allianz amerikanischer Banken, die bereits einen eigenen Dollar-Stablecoin auf der Provenance Blockchain betreibt. USDF wurde gezielt als bankengestützte Alternative zu nicht-bankbasierten Stablecoins konzipiert und verspricht vollständige regulatorische Compliance – ein klarer Seitenhieb auf Tether, dem kritische Stimmen immer wieder mangelnde Transparenz vorwerfen.
Europa zieht nach – mit eigener Stablecoin-Strategie
Parallel zur G7-Initiative formiert sich in Europa ein eigenes Konsortium. Neun führende europäische Banken – darunter ING, UniCredit und Raiffeisen Bank International – haben sich zusammengeschlossen, um einen MiCAR-konformen Euro-Stablecoin zu entwickeln.
Der europäische Ansatz verfolgt dabei eine doppelte Strategie: Einerseits möchte man eine echte Alternative zum US-dominierten Stablecoin-Markt schaffen. Andererseits betont das Konsortium explizit das Ziel, zur „strategischen Autonomie Europas bei Zahlungen“ beizutragen.
Das Timing ist kein Zufall – die zweite Jahreshälfte 2026 als geplanter Starttermin fällt in eine Phase, in der die EU-Regulierung für Kryptowerte (MiCA) vollständig greifen wird.
Zentralbanken in der Defensive
Die Reaktionen der Währungshüter auf die Bankeninitiativen offenbaren tiefe Besorgnis. Bank of England-Gouverneur Andrew Bailey warnte britische Banken ausdrücklich vor der Ausgabe eigener Stablecoins. EZB-Präsidentin Christine Lagarde äußerte Bedenken hinsichtlich Risiken für Geldpolitik und Finanzstabilität.
Hinter diesen Warnungen steht die Furcht, dass private digitale Währungen – ob von Krypto-Startups oder Banken ausgegeben – das traditionelle Bankensystem und damit die Wirksamkeit der Geldpolitik untergraben könnten. „Wenn Stablecoins Geld aus dem Bankensystem herausnehmen, haben Banken weniger Kapazität zum Verleihen“, erklärte Bailey unverblümt.
Der Dollar-Faktor: Geopolitische Dimension der Stablecoin-Offensive
Während Zentralbanker Bedenken äußern, erkennt die US-Regierung in Stablecoins überraschend ein strategisches Instrument zur Stärkung des Dollars. US-Finanzminister Scott Bessent formulierte es auf dem Digital Asset Summit unmissverständlich: „Wir werden die USA als dominante Reservewährung behalten, und wir werden Stablecoins dazu nutzen.“
Diese Aussage gewinnt besondere Brisanz vor dem Hintergrund, dass Japan und China – die beiden größten Halter amerikanischer Staatsanleihen – ihre Bestände zuletzt reduzierten. JPMorgan prognostiziert, dass der Aufstieg von Stablecoins bis 2027 eine zusätzliche Nachfrage von 1,4 Billionen Dollar nach dem Greenback generieren könnte.
Digitale Machtverschiebung mit Nebenwirkungen
Der Kampf um die Stablecoin-Dominanz ist mehr als ein technologischer Wettlauf. Er wird die globale Finanzlandschaft fundamental verändern. Während die USA Stablecoins als Instrument zur Dollar-Hegemonie betrachten, sieht Europa darin einen Weg zu größerer Unabhängigkeit. Banken versuchen, verlorenes Terrain zurückzugewinnen, während Zentralbanken um ihre Steuerungsfähigkeit fürchten.
Eine Studie von Standard Chartered warnt zudem vor erheblichen Risiken für fragile Volkswirtschaften: „Bis zu 1.000 Milliarden Dollar könnten in den nächsten drei Jahren lokale Banken verlassen, wenn diese Stablecoins weit verbreitet werden.“
marketscreener.com – Major banks explore issuing stablecoin pegged to G7 currencies
cointelegraph.com – Banks explore launching a stablecoin linked to G7 currencies
cointribune.com – Banks Join Crypto: Stablecoin Pilot Backed By G7 Currencies
coindesk.com – Stablecoin Supply Tops $200B as U.S. Sees USDT, USDC Helping Keep Dollar as Reserve Currency
ing.com – Nine major European banks join forces to issue stablecoin