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Fokus statt Dauerstress: Wie Figma und Miro Remote-Teams durch die Attention Economy führen

Mit gerade einmal 33 Jahren hat Dylan Field bereits geschafft, wo von die meisten Gründer ein Leben lang träumen: Er hat ein Unicorn aufgebaut, zum Milliardenpreis an die Börse gebracht. Der Figma-Gründer, der einst sein Informatikstudium für ein Thiel-Fellowship abbrach, hat mit seiner KI-Design-Plattform der Kreativbranche völlig neue Möglichkeiten eröffnet.

In einer Welt, in der jede Nachricht, jede E-Mail und jede Benachrichtigung um eure Aufmerksamkeit buhlt, ist Fokus zur wertvollsten Währung geworden. Remote-Teams stehen vor einer besonderen Herausforderung: Wie lässt sich tiefe, wertschöpfende Arbeit in einer digitalen Umgebung voller Ablenkungen fördern? Die CEOs von Figma und Miro haben darauf bemerkenswerte Antworten gefunden. Mit durchdachten Strategien führen sie ihre verteilten Teams durch den Dschungel der Attention Economy – und liefern dabei wertvolle Lektionen für alle, die remote führen.

Die Aufmerksamkeitskrise – warum Remote-Teams besonders betroffen sind

Die Zahlen sind alarmierend: Durchschnittlich nur 11 Minuten fokussierte Arbeit zwischen Unterbrechungen. Alle sechs Minuten ein Wechsel zwischen verschiedenen Anwendungen. Und 67% der Führungskräfte, die beklagen, zu wenig Zeit für strategisches Denken zu haben. Die Attention Economy ist keine abstrakte wirtschaftliche Theorie – sie ist die tägliche Realität eurer Teams.

Für Remote-Teams verschärft sich diese Herausforderung noch. Ohne die natürlichen Grenzen eines Büros verschwimmen die Linien zwischen Arbeit und Privatleben. Die ständige Erreichbarkeit führt zu einem Gefühl permanenter Alarmbereitschaft. Gleichzeitig fehlen die sozialen Signale, die im physischen Raum anzeigen: „Jetzt arbeitet jemand konzentriert, bitte nicht stören.“

Die Neurowissenschaft liefert dazu ernüchternde Erkenntnisse: Das menschliche Gehirn kann nur etwa 126 Bits Information pro Sekunde verarbeiten. Multitasking – in Remote-Settings oft zur Norm erhoben – reduziert die Produktivität um bis zu 40%. Und um in den produktiven „Flow“-Zustand zu kommen, braucht es 15-20 Minuten ununterbrochener Konzentration.

Dylan Field: Figmas radikaler Ansatz für „Maker Time“

Dylan Field, CEO und Mitgründer von Figma, hat aus dieser Erkenntnis eine radikale Konsequenz gezogen: Bei Figma existiert das Konzept der „Maker Time“ – vier Stunden am Vormittag, die heilig sind. Zwischen 9 und 13 Uhr finden keine internen Meetings statt. Diese Zeit gehört ausschließlich der tiefen, konzentrierten Arbeit. „Die Zukunft des Designs ist kollaborativ“, erklärt Field, „und das bedeutet, Tools zu schaffen, die Teams helfen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren – den kreativen Prozess, nicht die Logistik.“

Die „Focus Fridays“ Revolution bei Figma

Doch Field geht noch weiter. Mit den „Focus Fridays“ hat Figma einen Tag in der Woche komplett von internen Meetings befreit. Diese Zeit ist reserviert für strategische Projekte und tiefe Arbeit.

Der Erfolg spricht für sich: Die Entwickler bei Figma verzeichneten eine 40-prozentige Produktivitätssteigerung. Noch beeindruckender: 73% der Mitarbeiter berichten über eine verbesserte Work-Life-Balance.

Die Strategie hinter „Focus Fridays“ ist ebenso einfach wie wirkungsvoll: Durch die Bündelung von Meetings an den anderen Wochentagen entstehen größere, zusammenhängende Zeitblöcke für tiefe Arbeit. Diese klare Struktur schafft Erwartungssicherheit und reduziert den mentalen Aufwand für Kontextwechsel.

Asynchrone Design Reviews: Figmas Geheimwaffe gegen Meeting-Überflutung

Eine weitere Innovation aus Fields Werkzeugkasten sind die asynchronen Design Reviews. Statt stundenlanger Synchron-Meetings nutzt Figma kommentarbasierte Feedback-Zyklen. Designer stellen ihre Arbeiten vor, das Team gibt zeitversetzt Feedback – jeder zum Zeitpunkt seiner höchsten Konzentration und Kreativität.

Die Ergebnisse sind beeindruckend: 60% weniger Sync-Meetings und eine lückenlose Dokumentation aller Designentscheidungen direkt im Tool. Diese Kombination aus Zeitersparnis und verbesserter Nachvollziehbarkeit schafft einen doppelten Produktivitätsgewinn.

„Wir haben festgestellt, dass asynchrones Feedback oft durchdachter und konstruktiver ist“, erklärt ein Mitglied des Figma-Teams. „Wenn Menschen die Zeit haben, ihre Gedanken zu formulieren, ohne den Druck einer Live-Situation, steigt die Qualität der Interaktion.“

Andrey Khusid – wie Miro visuelle Kollaboration zur Fokus-Strategie macht

Während Figma auf strikte Zeitblöcke setzt, verfolgt Andrey Khusid, CEO und Mitgründer von Miro, einen anderen, aber ebenso effektiven Ansatz. Sein „Distributed Collaboration Framework“ nutzt die Kraft der visuellen Zusammenarbeit, um Ablenkungen zu reduzieren und den Fokus zu stärken.

„In der Attention Economy gewinnen die Unternehmen, die ihren Teams helfen, den Lärm zu durchbrechen und sich auf bedeutungsvolle Zusammenarbeit zu konzentrieren“, erklärt Khusid. Diese Philosophie spiegelt sich in Miros gesamtem Produktansatz wider – von strukturierten Workshop-Formaten für Remote-Teams bis hin zu ausgefeilten Zeitboxing-Techniken für Online-Meetings.

„Visual Meeting Hygiene“: Miros strukturierter Ansatz gegen Meeting-Chaos

Das Herzstück von Khusids Strategie ist die „Visual Meeting Hygiene“. Jedes Meeting bei Miro beginnt mit einem visuellen Agenda-Board, das Ziele, Teilnehmer und Zeitlimits klar definiert. Alle Diskussionspunkte werden timeboxed – eine einfache, aber hochwirksame Technik, um Meetings fokussiert und produktiv zu halten.

Nach dem Meeting folgt die sofortige Dokumentation in Miro-Boards. Diese konsequente Visualisierung schafft Klarheit und reduziert die kognitive Belastung, die mit dem Versuch einhergeht, komplexe Informationen nur verbal zu vermitteln.

Der Ansatz zahlt sich aus: 67% weniger „Zoom Fatigue“ in Teams, die Miros Methoden nutzen, und eine 52-prozentige Steigerung der kreativen Output-Qualität. Beeindruckende 91% der Remote-Teams berichten über eine verbesserte Zusammenarbeit.

Die „Attention Restoration“-Strategie von Miro

Ein weiterer innovativer Ansatz von Khusid ist das Konzept der „Attention Restoration“. Miro hat erkannt, dass nachhaltige Konzentration Erholungsphasen braucht – ähnlich wie ein Muskel, der nach dem Training Regeneration benötigt.

Konkret bedeutet das: 15-minütige Pausen zwischen Online-Meetings sind bei Miro Standard, nicht Ausnahme. „Walking Meetings“ für Brainstorming-Sessions ermöglichen körperliche Bewegung während der Arbeit. Und regelmäßige Meditations-Sessions für Teams helfen, die mentale Batterien wieder aufzuladen.

Diese bewussten Pausen mögen zunächst kontraintuitiv erscheinen – schließlich „verliert“ man dadurch Zeit. Doch die Wissenschaft gibt Khusid recht: Kurze Erholungsphasen steigern die Konzentrationsfähigkeit und kreative Leistungsfähigkeit erheblich.

Die Wissenschaft hinter dem Erfolg: Warum diese Ansätze funktionieren

Die Strategien von Field und Khusid sind nicht nur intuitiv überzeugend – sie basieren auf soliden wissenschaftlichen Erkenntnissen. Die Cognitive Load Theory zeigt, dass unser Arbeitsgedächtnis begrenzt ist. Jede Unterbrechung, jeder Kontextwechsel, jede Ablenkung belastet diese knappe Ressource.

Figmas „Maker Time“ und Miros visuelle Strukturierung reduzieren diese kognitive Belastung systematisch. Sie schaffen klare mentale Räume und minimieren die „Switching Costs“ – den Energieverlust, der beim Wechsel zwischen verschiedenen Aufgaben entsteht.

Gleichzeitig berücksichtigen beide Ansätze die Selbstbestimmungstheorie, die Autonomie als zentralen Motivationsfaktor identifiziert. Durch klare Zeitblöcke für fokussierte Arbeit und transparente Strukturen für Zusammenarbeit gewinnen Mitarbeiter Kontrolle über ihre Aufmerksamkeit zurück.

So implementiert ihr diese Strategien in euren Teams

Wie könnt ihr nun von diesen Erkenntnissen profitieren? Hier sind konkrete Schritte, um die Strategien von Figma und Miro in euren Teams zu implementieren:

1. Definiert „Meeting-freie Zonen“ – mindestens 2-3 Stunden pro Tag, idealerweise am Vormittag, wenn die Konzentrationsfähigkeit am höchsten ist.

2. Führt einen fokussierten Tag pro Woche ein – ähnlich Figmas „Focus Fridays“. Beginnt mit einem halben Tag, wenn ein ganzer zu ambitioniert erscheint.

3. Etabliert visuelle Meeting-Regeln: Jedes Meeting braucht eine klare Agenda, Zeitlimits und definierte Ergebnisse. Nutzt Tools wie Miro oder Figma, um diese Struktur zu visualisieren.

4. Kultiviert asynchrone Kommunikation: Nicht jedes Feedback, nicht jede Entscheidung braucht ein Echtzeit-Meeting. Schafft klare Prozesse für zeitversetzte Zusammenarbeit.

5. Integriert bewusste Pausen in euren Arbeitsrhythmus. Die 15-minütige Lücke zwischen Meetings ist keine verlorene Zeit, sondern eine Investition in nachhaltige Produktivität.

Messbarer Erfolg: KPIs für eure Fokus-Strategie

Um den Erfolg eurer Maßnahmen zu bewerten, könnt ihr euch an den Metriken orientieren, die Figma und Miro nutzen:

Produktivitätskennzahlen wie die durchschnittliche Zeit in „Deep Work“-Phasen oder die Anzahl abgeschlossener strategischer Projekte geben direkte Hinweise auf die Effektivität eurer Fokus-Strategie. Reduzierte Meeting-Zeiten – sowohl absolut als auch pro Mitarbeiter – sind ein weiterer wichtiger Indikator.

Nicht zuletzt solltet ihr Wohlbefinden und Zufriedenheit eurer Teams messen. Figmas beeindruckende 73% Verbesserung der Work-Life-Balance und 89% Mitarbeiterzufriedenheit zeigen: Eine gute Fokus-Strategie ist nicht nur gut für die Produktivität, sondern auch für die Menschen.

Herausforderungen und Fallstricke auf dem Weg

Der Weg zu mehr Fokus ist nicht ohne Hindernisse. Eine häufige Herausforderung ist die Gefahr der Über-Strukturierung. Zu starre Vorgaben können die Kreativität und Spontaneität ersticken, die für Innovation unerlässlich sind.

Kulturelle Unterschiede in globalen Teams stellen eine weitere Hürde dar. Was in einem kulturellen Kontext als respektvolle Fokuszeit gilt, kann in einem anderen als mangelnde Verfügbarkeit interpretiert werden.

Nicht zuletzt besteht die Herausforderung, eine Balance zwischen Flexibilität und Fokus zu finden. Remote-Arbeit verspricht Freiheit und Selbstbestimmung – zu viele Struktur-Vorgaben können diesem Versprechen zuwiderlaufen.

Die Zukunft der Aufmerksamkeitssteuerung: Wohin geht die Reise?

Die Entwicklungen bei Figma und Miro sind erst der Anfang. Technologische Innovationen wie KI-gestützte Aufmerksamkeits-Analytics und adaptive Interface-Designs werden die Fokus-Steuerung weiter revolutionieren.

Experten prognostizieren, dass bis 2025-2030 etwa 80% der Unternehmen spezielle „Attention Officers“ haben werden – Führungskräfte, deren Hauptaufgabe es ist, die Aufmerksamkeitsökonomie im Unternehmen zu optimieren. Neue Berufsfelder wie „Focus Coaching“ entstehen bereits heute.

Gleichzeitig zeichnet sich eine verstärkte Regulierung von Aufmerksamkeits-Technologien ab. Ähnlich wie beim Datenschutz könnte es künftig rechtliche Rahmenbedingungen geben, die den Schutz der Aufmerksamkeit als wertvolle menschliche Ressource sicherstellen.

Der Fokus-Vorteil: Euer Wettbewerbsvorteil in der Attention Economy

Die Fähigkeit, die Aufmerksamkeit eurer Teams zu schützen und zu lenken, wird zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor in der digitalen Wirtschaft. Die Unternehmen, die diese Herausforderung meistern, gewinnen einen doppelten Vorteil: höhere Produktivität und zufriedenere Mitarbeiter.

Die Lehren von Figma und Miro zeigen: Es geht nicht darum, mehr zu arbeiten, sondern besser. Nicht darum, mehr Zeit in Meetings zu verbringen, sondern die Zeit außerhalb von Meetings wertvoller zu machen. Nicht darum, ständig erreichbar zu sein, sondern dann präsent zu sein, wenn es wirklich zählt.

In einer Welt, die von Ablenkung geprägt ist, wird Fokus zum strategischen Asset. Nutzt die Erkenntnisse von Field und Khusid, um dieses Asset in euren Teams zu kultivieren – und erlebt den Unterschied, den tiefe, konzentrierte Arbeit für eure Ergebnisse macht.

figma.com – How we structure our work and teams at Figma (Figma Team)

figma.com – Focus Fridays at Figma (Figma HR Team)

techcrunch.com – Figma CEO Dylan Field on building a design platform (Sarah Perez)

miro.com – Best practices for distributed work (Miro Research Team)

miro.com – Visual Meeting Hygiene (Miro Product Team)

miro.com – Remote Work Productivity Study 2023 (Miro Research Lab)

forbes.com – Miro CEO Andrey Khusid On The Future Of Remote Work (Alex Konrad)

microsoft.com – Work Trend Index 2023 (Microsoft Research Team)

nature.com – The science of attention in the digital age (Dr. Adam Gazzaley)

mckinsey.com – The future of work in the attention economy (McKinsey Global Institute)

About the author

Bild von Alexander Dionisius

Alexander Dionisius

Für Alexander Dionisius ist das Schreiben eine Leidenschaft und so arbeitet er seit über 30 Jahren als Redakteur für unterschiedliche Medien und Onlineportale. Sein Schwerpunkt sind Wirtschaftsthemen mit einem besonderen Blick auf die Start-Up-Szene. Die Ausbildung zum Redakteur absolvierte er an der Deutschen Journalistenschule in München für Hubert Burda Media. 2007 hat er sich als freiberuflicher Redakteur und Kommunikationsberater selbständig gemacht.
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