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Woke-Marketing am Pranger: Wie der Authenticity-Check Marken vor Shitstorms schützt

Zwischen Haltungsmarketing und Shitstorm liegt oft nur ein falscher Schritt. Bud Light, Target und Jaguar haben es schmerzlich erfahren – ihre Woke-Kampagnen lösten massive Gegenreaktionen aus, mit verheerenden Folgen für Umsatz und Markenimage. Doch die Lösung liegt nicht im Vermeiden von Haltung, sondern im Authenticity-Check: einem strategischen Filter, der Marketing-Botschaften auf ihre Glaubwürdigkeit prüft, bevor sie die Öffentlichkeit erreichen.

Der Bud Light-Fall 2023 markiert den spektakulärsten Absturz: Nach einer Kampagne mit der Transgender-Influencerin Dylan Mulvaney verlor die Marke innerhalb weniger Monate ihre Position als meistverkauftes Bier in den USA. Die Verkäufe brachen ein. Der konservative Sänger Kid Rock filmte sich beim Beschießen von Bierkästen mit einer Maschinenpistole – ein Video, das 11 Millionen Mal angesehen wurde.

Auch Target erlebte 2023 einen massiven Backlash gegen seine Pride-Kollektion, der zu einem Umsatzrückgang im zweiten Quartal führte. Die Reaktion für 2024? Eine drastisch reduzierte Pride-Kollektion ohne Kinderkleidung, nur in ausgewählten Geschäften.

Die vier Säulen echter Markenauthentizität

Authentizität ist kein Buzzword, sondern messbare Realität. Nach dem Modell von Morhart et al. (2015) basiert Markenauthentizität auf vier Dimensionen: Kontinuität (Treue zu den eigenen Wurzeln), Glaubwürdigkeit (Einhalten von Versprechen), Integrität (klare moralische Haltung) und Symbolik (Vermittlung von Werten, die für Konsumenten wichtig sind). Nur wenn alle vier Dimensionen in Einklang stehen, nehmen Verbraucher eine Marke als authentisch wahr.

Der Authenticity-Check: So vermeidet ihr den nächsten Shitstorm

Bevor ihr eine Haltungskampagne startet, solltet ihr sie durch diese drei Filter laufen lassen:

Erstens, der Kontinuitäts-Check: Passt die Botschaft zu eurer Markengeschichte? Nike konnte mit Colin Kaepernick punkten, weil die Marke seit Jahrzehnten für „Just Do It“ steht – mutige Haltung gehört zur DNA. Bud Light hingegen hatte keine Tradition in progressiven Themen.

Zweitens, der Community-Test: Baut vorab eine starke, authentische Gemeinschaft auf. Eine loyale Community wird euch bei kleinen Fehltritten verteidigen und bei größeren konstruktives Feedback geben, bevor der Sturm losbricht.

Drittens, das Reaktionszeit-Protokoll: Die Geschwindigkeit von Social-Media-Krisen hat sich in den vergangenen Jahren beschleunigt. Wo früher Stunden für eine erste Reaktion reichten, sind es heute eher Minuten. Etabliert klare Prozesse, wer wann wie reagiert.

Von Woke zu Winning: Nikes erfolgreicher Strategiewechsel

Nike demonstrierte 2024 perfekt, wie man den Kurs korrigiert, ohne Authentizität zu verlieren. Nach Jahren des „Woke“-Marketings lancierte die Marke „Winning Isn’t for Everyone“ – eine Kampagne, die Elite-Athleten als besessen und egoistisch porträtierte. Die allgemeine Bevölkerung bewertete sie mit nur 1,5 Sternen, während Sportfans ihr 3,8 Sterne gaben. Nike kehrte zu seinen Kernwerten zurück und sprach wieder seine Hauptzielgruppe an – authentisch, aber nicht mehr „woke um jeden Preis“.

Starbucks hingegen zeigt mit „#whatsyourname“, wie Diversitätsthemen funktionieren können, wenn sie zur Marke passen. Die Kampagne unterstützt die Kernwerte von Starbucks: persönliche Verbindungen in einer Kaffeehaus-Atmosphäre.

Die wirtschaftlichen Folgen mangelnder Authentizität

Ein Shitstorm kann euren Markenwert innerhalb weniger Tage senken. Oft zieht ein Sturm vorbei, doch die Erholung kann auch Monate dauern. Die gute Nachricht: Unternehmen, die nach einer Krise transparent kommunizieren, gewinnen schneller das Vertrauen ihrer Kunden zurück. Authentizität zahlt sich also nicht nur präventiv, sondern auch in der Krisenbewältigung aus.

Der Authenticity-Check bedeutet nicht, dass Marken keine Haltung mehr zeigen sollten. Ganz im Gegenteil: Diversitäts- und Inklusionsbemühungen beeinflussen die Kaufentscheidungen der Verbraucher weltweit. Entscheidend ist, dass eure Haltung authentisch aus euren Kernwerten erwächst und nicht als opportunistisches Marketing-Manöver erscheint.

Stellt euch vor jeder Kampagne die einfache Frage: Würden wir diese Haltung auch vertreten, wenn sie unpopulär wäre? Wenn die Antwort „Nein“ lautet, solltet ihr die Kampagne überdenken – denn eure Kunden werden den Unterschied bemerken.

famefact.com – Shitstorm-Management 2025: Krisenkommunikation in sozialen Medien

en.wikipedia.org – Bud Light boycott

esch-brand.com – Markenauthentizität | Definition, Key-Insights & Beispiele

nesus.eu – Authentizität im Marketing: Der Echte Faktor

humancg.com – Woke culture is a trap, at least sometimes

About the author

Bild von Franziska Mozart

Franziska Mozart

Franziska Mozart berichtet seit vielen Jahren über die Marketing- und Medien-Branche. Die freie Journalistin beschäftigt sich am liebsten mit Nachhaltigkeit und Digitalisierung und am allerliebsten mit der Schnittstelle dieser beiden Bereiche. Ihr journalistisches Handwerkszeug lernte sie bei der Fachzeitschrift Werben & Verkaufen (W&V), für die sie aktuell den Green CMO Award betreut. Sie betreibt einen Newsletter zum Thema Green Marketing und gilt als Expertin zum Thema Nachhaltigkeitsmarketing und hat als Co-Autorin das Buch »SUPER POWER – SUSTAINABLE MARKETING« geschrieben.
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