Mit ihrer Ernennung zur Kreativdirektorin der Hermès-Herrenmode schreibt Grace Wales Bonner Modegeschichte: Als erste schwarze Frau überhaupt übernimmt sie die kreative Führung eines globalen Luxushauses. Nach 37 Jahren folgt die britisch-jamaikanische Designerin auf Véronique Nichanian und markiert damit einen Wendepunkt für die Branche. Ihre Berufung zeigt, wie traditionsbewusste Marken durch Diversität neue kreative Impulse setzen können – und warum gerade Luxushäuser mit ihrer kulturellen Strahlkraft als Vorreiter für gesellschaftlichen Wandel fungieren.
Ein Traum wird Wirklichkeit: Von Süd-London ins Herz des Pariser Luxus
Was Wales Bonner besonders macht: Sie hatte ihren Karriereweg bereits vorgezeichnet. „Ein Traum von mir wäre es, mit einer Schneidermarke zu arbeiten“, erklärte sie 2019 gegenüber dem System Magazine und nannte explizit „Hermès oder ein Savile Row Schneiderhaus“ als Wunschziel. Die 1990 in Süd-London geborene Designerin, Tochter eines jamaikanischen Vaters und einer englischen Mutter, hat diesen Traum nun verwirklicht – und das in einem Jahr, das bereits ihr 10-jähriges Markenjubiläum markiert.
Ihre erste Kollektion für das französische Traditionshaus wird im Januar 2027 während der Paris Fashion Week präsentiert. Bis dahin wird ihre Vorgängerin Nichanian, die seit 1988 die Herrenmode bei Hermès prägte und damit die am längsten amtierende Kreativdirektorin der Modebranche war, im Januar 2026 ihre letzte Show zeigen.
Vom LVMH-Prize zur Luxusmarke: Wales Bonners beeindruckender Aufstieg
Wales Bonners Karriere liest sich wie ein Paradebeispiel für eine Designerin, die konsequent ihren eigenen Weg gegangen ist. Nach ihrem Abschluss an der renommierten Central Saint Martins Kunsthochschule 2014 gründete sie ihr eigenes Label, das ursprünglich auf Herrenmode spezialisiert war und später um Damenmode erweitert wurde. Bereits 2015 gewann sie den Preis als „Emerging Menswear Designer“ bei den British Fashion Awards und wurde 2016 als erste Herrenmode-Designerin mit dem prestigeträchtigen LVMH Young Designer Prize ausgezeichnet. Es folgten der British Fashion Council/Vogue Designer Fashion Fund (2019), der CFDA International Men’s Designer of the Year Award (2021) und 2022 die Ernennung zum Member of the Order of the British Empire (MBE) für ihre Verdienste um die Mode.
Eine Designphilosophie zwischen britischer Schneiderkunst und kulturellem Erbe
Was Wales Bonner von anderen Designern unterscheidet, ist ihr intellektueller und forschungsbasierter Ansatz. Ihre Kollektionen verbinden präzise britische Schneiderkunst mit Referenzen zur afrikanischen und karibischen Diaspora. Sie erforscht, wie Identität fließend, vielschichtig und hybrid sein kann.
Diese Perspektive bringt sie nun zu Hermès – einem Haus, das für seine handwerkliche Exzellenz und zeitlose Eleganz steht. „Ich bin zutiefst geehrt, mit der Rolle des Kreativdirektors von Hermès Herren-Prêt-à-porter betraut zu werden“, erklärte Wales Bonner in einer Pressemitteilung. „Es ist ein verwirklichter Traum, dieses neue Kapitel zu beginnen und in einer Linie inspirierter Handwerker und Designer zu folgen.“
Auch Pierre-Alexis Dumas, Kunstdirektor bei Hermès, zeigt sich begeistert: „Ihre zeitgenössische Vision von Mode, Handwerkskunst und Kultur wird weiterhin den Stil der Hermès Herren-Prêt-à-porter prägen und selbstbewusst ihre Perspektive auf die Zeit mit dem Erbe des Hauses verbinden.“
Historischer Meilenstein für Diversität in der Luxusbranche
Wales Bonners Ernennung ist mehr als nur ein Personalwechsel – sie ist ein Statement in einer Branche, die lange für ihre mangelnde Diversität in Führungspositionen kritisiert wurde. In einem Jahr, in dem viele große Modehäuser ihre kreativen Führungspositionen neu besetzt haben, meist mit bekannten Namen, die überwiegend weiß und männlich sind, setzt ausgerechnet das traditionsreiche Hermès ein deutliches Zeichen für Wandel.
Die Designerin bringt nicht nur ihre kreative Vision mit, sondern auch ihre Erfahrung als Kuratorin. 2019 präsentierte sie ihre Ausstellung „A Time For New Dreams“ in der Londoner Serpentine Gallery, und 2023 kuratierte sie „Spirit Movers“ im Museum of Modern Art in New York.
Für Hermès, dessen Herrenabteilung mittlerweile einen nennenswerten des Umsatzes ausmacht, könnte diese mutige Entscheidung nicht nur künstlerisch, sondern auch wirtschaftlich neue Impulse setzen. Wales Bonner bringt nicht nur ihr kreatives Talent mit, sondern auch die Fähigkeit, neue Zielgruppen zu erschließen und das Erbe des Hauses für eine neue Generation zu übersetzen.
businessoffashion.com – Hermès Picks Grace Wales Bonner to Design Menswear
wwd.com – Hermès Appoints Grace Wales Bonner as New Menswear Creative Director
hypebeast.com – Grace Wales Bonner Named Hermès Mens Creative Director