Ein wegweisendes Urteil erschüttert die KI-Landschaft: Das Landgericht München I hat OpenAI eine klare Grenze gesetzt. ChatGPT darf urheberrechtlich geschützte Songtexte nicht ohne Lizenz speichern und wiedergeben. Die GEMA feiert einen bedeutenden Sieg für Kreativschaffende, während OpenAI mit dem Urteil hadert. Die Entscheidung könnte weitreichende Folgen für die gesamte KI-Branche haben – nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa.
Songtexte im KI-Training: Warum die GEMA klagte
Die Verwertungsgesellschaft GEMA hatte OpenAI verklagt, weil ChatGPT bekannte Songtexte wie Herbert Grönemeyers „Männer“, Reinhard Meys „Über den Wolken“ und Helene Fischers „Atemlos“ vollständig wiedergeben konnte. Entscheidend dabei: ChatGPT konnte diese Texte auch ohne Websuche ausgeben, was für die GEMA ein klares Zeichen war, dass die Texte im Trainingsprozess gespeichert wurden.
Für die Musikverwertungsgesellschaft stand fest: Hier liegt eine klare Urheberrechtsverletzung vor. OpenAI hatte für die Nutzung dieser kreativen Werke keine Lizenz erworben und damit gegen geltendes Recht verstoßen.
Das Urteil: Eine klare Abfuhr für OpenAI
Das Gericht folgte der Argumentation der GEMA vollumfänglich. Sowohl das Speichern der Songtexte während des Trainings als auch die vollständige Wiedergabe durch ChatGPT wurden als Eingriff in das Urheberrecht gewertet. Die Richter lehnten OpenAIs Verteidigungsstrategie ab, wonach sich das Unternehmen auf Ausnahmen für Text- und Data-Mining berufen wollte oder die Verantwortung bei den Nutzern liegen würde.
Richterin findet deutliche Worte
Die Vorsitzende Richterin Elke Schwager fasste ihre Entscheidung in einem bemerkenswerten Bild zusammen: Man habe eine hochintelligente Beklagte vor sich, die modernste Technologien entwickeln könne. Da mute es doch erstaunlich an, dass sie nicht erkenne: „Wenn man etwas bauen wolle und Bauteile brauche – dann erwerben Sie sie und nutzen nicht das Eigentum anderer.“
Mit dieser klaren Ansage stellte das Gericht ein fundamentales Prinzip fest: Auch Tech-Giganten müssen sich an Urheberrechte halten. Das Internet ist kein rechtsfreier Raum – auch nicht für KI-Unternehmen.
Die Konsequenz des Urteils ist eindeutig: ChatGPT darf die Songtexte nicht länger wiedergeben, solange keine Lizenzvereinbarung mit der GEMA vorliegt. Zudem muss OpenAI offenlegen, welche Daten genau gespeichert wurden, und haftet für etwaige Schäden durch die Rechtsverletzung.
Reaktionen: Jubel bei der GEMA, Widerspruch von OpenAI
GEMA-CEO Dr. Tobias Holzmüller feierte das Urteil als Präzedenzfall: „Das Internet ist kein Selbstbedienungsladen und menschliche Kreativleistungen sind keine Gratisvorlage. Wir haben heute einen Präzedenzfall geschaffen, der die Rechte der Urheberinnen und Urheber schützt.“
Dr. Kai Welp, General Counsel der GEMA, bezeichnete die Entscheidung als „Meilenstein auf dem Weg zu einer fairen Vergütung für Urheberinnen und Urheber in ganz Europa.“
OpenAI hingegen widerspricht dem Urteil und erwägt weitere Schritte. Das Unternehmen betont, die Entscheidung betreffe nur ein begrenztes Set an Liedtexten und habe keine Auswirkungen auf die Nutzer. Man respektiere grundsätzlich die Rechte der Urheber.
Weitreichende Folgen für die KI-Branche
Das noch nicht rechtskräftige Urteil könnte zum Präzedenzfall werden. Prof. Silke von Lewinski vom Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb sieht „grundlegende Bedeutung für alle Werke, sei es Literatur, journalistische Texte, Musik, bildende Kunst, Fotografie oder jegliche andere Werke, die für Generative KI benutzt werden.“
Die GEMA hat bereits im September 2024 als erste Verwertungsgesellschaft weltweit ein Lizenzmodell für generative KI vorgestellt. Dieses Zwei-Säulen-Modell sieht eine Grundbeteiligung von 30 Prozent der Netto-Einnahmen für Werkschaffende vor – ein Vorstoß in einem Markt, der laut einer Studie bis 2028 ein Volumen von über 3 Milliarden Dollar erreichen soll.
Kreative Inhalte haben ihren Preis
Das Münchner Urteil macht unmissverständlich klar: Die Ära des kostenlosen Datenzugriffs für KI-Unternehmen neigt sich dem Ende zu. Wer mit fremden kreativen Inhalten arbeiten will, muss die Rechteinhaber angemessen beteiligen.
Für die KI-Branche bedeutet dies eine Neukalkulation ihrer Geschäftsmodelle. Was lange als selbstverständlich galt – der grenzenlose Zugriff auf Online-Inhalte für Trainingszwecke – steht nun fundamental in Frage.
zdfheute.de – ChatGPT darf Liedtexte nicht ohne Lizenz nutzen
gema.de – Erstes KI-Grundsatzurteil in Europa: GEMA setzt sich gegen OpenAI durch
euronews.com – Deutsches Gericht: OpenAI darf Songtexte nicht ohne Bezahlung nutzen
handelsblatt.com – Urteil: ChatGPT darf nicht ohne Weiteres Songtexte wiedergeben
musikexpress.de – GEMA vs. OpenAI: Landgericht München entscheidet über KI-Urheberrecht
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