Deutschland braucht mehr Innovation – und bekommt sie: 14 Prozent der Startup-Gründer:innen in Deutschland sind im Ausland geboren, bei den begehrten Unicorns liegt der Anteil sogar bei 23 Prozent. Mehr noch: Bei mehr als der Hälfte der deutschen Startups mit Milliardenbewertung ist mindestens ein Gründungsmitglied mit Migrationshintergrund beteiligt. Diese Unternehmer:innen bringen nicht nur frische Ideen, sondern auch ein besonderes Mindset mit. Doch während sie den Wirtschaftsstandort Deutschland maßgeblich stärken, erwägen viele von ihnen, ihre nächste Gründung außerhalb Deutschlands zu wagen. Ein Alarmsignal für die deutsche Startup-Landschaft.
Mit Migrationshintergrund zum Innovationsmotor
Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Gründer:innen mit Migrationshintergrund sind echte Innovationstreiber. Sie bringen überdurchschnittlich oft neue Produkte und Dienstleistungen auf den Markt, die es zuvor weder national noch international gab. Ihre Stärken sehen sie selbst vor allem in ihrer Resilienz und Risikobereitschaft – Eigenschaften, die im dynamischen Startup-Umfeld Gold wert sind.
Besonders beeindruckend: 91 Prozent dieser Gründer:innen verfügen über einen Hochschulabschluss, mehr als die Hälfte davon im MINT-Bereich. Sie bringen damit genau jene Qualifikationen mit, die für technologieorientierte Innovationen entscheidend sind. Während bei Gründer:innen ohne Migrationshintergrund nur 25 Prozent den Geschäftsausbau als Hauptziel nennen, sind es bei jenen mit Einwanderungsgeschichte 33 Prozent – ein deutliches Zeichen für ihre Wachstumsorientierung.
International von Anfang an
Ein bemerkenswerter Wettbewerbsvorteil migrantischer Startups liegt in ihrer internationalen Ausrichtung. Satte 87 Prozent dieser Unternehmen sind bereits internationalisiert oder planen diesen Schritt – sei es durch Niederlassungen im Ausland oder durch enge Handelsverbindungen. Diese globale Perspektive bringt nicht nur neue Märkte in Reichweite, sondern führt auch zu vielfältigeren Geschäftsmodellen und Lösungsansätzen. Die Verbindung zu verschiedenen Kulturkreisen, Sprachen und internationalen Netzwerken schafft einzigartige Synergien, die rein nationale Startups oft erst mühsam aufbauen müssen.
Finanzierungshürden als Innovationsbremse
Trotz ihrer überdurchschnittlichen Qualifikationen und Innovationskraft stoßen Gründer:innen mit Migrationshintergrund auf erhebliche Hürden – besonders bei der Finanzierung. 18 Prozent berichten von Schwierigkeiten beim Zugang zu Kapital, während es bei Gründer:innen ohne Migrationshintergrund nur 12 Prozent sind.
Fehlende langjährige Bankbeziehungen, subtile Vorurteile bei der Kreditvergabe und ein geringerer Zugang zu etablierten Netzwerken schmälern ihre Finanzierungschancen. Die Folge: Vielversprechende Innovationsvorhaben werden verzögert oder können gar nicht erst umgesetzt werden.
Stattdessen müssen diese Gründer:innen stärker auf eigene Mittel und Unterstützung aus dem persönlichen Umfeld setzen – ein struktureller Nachteil, der enormes wirtschaftliches Potenzial ungenutzt lässt und den Innovationsstandort Deutschland insgesamt schwächt.
Besonders im Vergleich zu Standorten wie den USA, Großbritannien oder Singapur wird die Kapitalknappheit deutlich. In den USA erhalten GenAI-Startups pro Kopf beispielsweise zwölfmal so viel Kapital wie in Deutschland.
Abwanderungsrisiko als Weckruf
Die Konsequenz dieser Hürden ist alarmierend: 27 Prozent der Gründer:innen mit Migrationshintergrund geben an, dass sie ihr nächstes Startup nicht wieder in Deutschland gründen würden. Als Hauptgründe nennen sie bessere Standortbedingungen im Ausland – vor allem in Bezug auf Kapital und Regulierung.
Die Bewertung der Rahmenbedingungen zeigt ein gemischtes Bild: Während 80 Prozent die Lebensqualität, Sicherheit und Stabilität in Deutschland positiv sehen, bemängeln viele die sprachlichen Anforderungen und vor allem die Bedingungen für Fachkräfteeinwanderung. Nur 17 Prozent bewerten letztere als gut – ein deutliches Zeichen für Handlungsbedarf.
Potenziale entfesseln statt Talente verlieren
Die Lösung liegt auf der Hand: Deutschland muss attraktiver für internationale Gründer:innen werden. „Wenn Deutschland für internationale Gründerinnen und Gründer attraktiv bleiben will, muss sich etwas ändern. Wir brauchen dringend bessere Rahmenbedingungen – schnellere Visa-Prozesse, mehrsprachige Angebote und ein internationales Mindset“, fordert Magdalena Oehl, stellvertretendes Vorstandsmitglied des Startup-Verbands.
Konkret bedeutet das: Abbau von Finanzierungsbarrieren durch Sensibilisierung von Banken und Investor:innen, inklusivere Gestaltung von Förderprogrammen mit mehrsprachigen Informationsangeboten und die gezielte Ansprache migrantischer Netzwerke. Nur so kann Deutschland das volle Innovationspotenzial dieser Gründer:innen erschließen und im internationalen Wettbewerb bestehen.
t3n – digital pioneers – Gründen mit Migrationshintergrund: Warum 27 Prozent ihr nächstes Startup nicht mehr in Deutschland starten würden
Friedrich-Naumann-Stiftung – Migrant Founders Monitor 2025
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