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KI-Weiterbildung in deutschen Unternehmen – warum 62 Prozent das Thema priorisieren, aber nur 35 Prozent handeln

Warum CEOs immer kürzer bleiben und was das für Unternehmen bedeutet
  • 91 Prozent der Führungskräfte betrachten KI als wichtigen Stützpfeiler – doch nur 35 Prozent bieten entsprechende Schulungen an.
  • 33 Prozent der Beschäftigten fehlen bereits jetzt die nötigen Fähigkeiten für ihre aktuelle Rolle.
  • Fehlende digitale Lerninfrastruktur und kurzfristige Personalplanung bremsen den Kompetenzaufbau aus.

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Deutsche Unternehmen erkennen die strategische Bedeutung von Künstlicher Intelligenz – doch bei der Qualifizierung ihrer Mitarbeitenden klaffen Anspruch und Wirklichkeit weit auseinander. Diese Lücke gefährdet nicht nur einzelne Betriebe, sondern die Wettbewerbsfähigkeit des gesamten Standorts. Höchste Zeit, dass HR-Verantwortliche und Geschäftsführung gemeinsam gegensteuern.

Die Kluft zwischen Erkenntnis und Umsetzung

Eine aktuelle Erhebung zum Thema Learning & Development zeigt das Dilemma deutlich: 62 Prozent der befragten Unternehmen nennen Künstliche Intelligenz als wichtigstes Weiterbildungsthema für 2025. Gleichzeitig bieten aber nur rund 35 Prozent tatsächlich entsprechende Kurse an. Diese Diskrepanz ist mehr als ein statistisches Detail – sie offenbart ein fundamentales Problem in der deutschen Unternehmenslandschaft. Während die strategische Bedeutung von KI in den Vorstandsetagen längst angekommen ist, fehlt es an der operativen Umsetzung dort, wo sie am dringendsten gebraucht wird: bei der Belegschaft.

Die KPMG-Studie zur generativen KI in der deutschen Wirtschaft 2025 unterstreicht die Dringlichkeit. 91 Prozent der Führungskräfte sehen generative KI inzwischen als wichtigen Stützpfeiler ihres Geschäftsmodells. Viele Unternehmen haben bereits eine KI-Strategie entwickelt und planen Investitionen. Doch an der Stelle, wo aus Strategie gelebte Praxis werden soll – bei der Qualifizierung der Menschen, die mit diesen Technologien arbeiten – stockt die Umsetzung.

Kompetenzlücken gefährden die Produktivität

Der McKinsey HR-Monitor 2025 liefert besorgniserregende Befunde: 33 Prozent der Beschäftigten in Deutschland verfügen nicht über die nötigen Fähigkeiten für ihre aktuelle Rolle. Fast die Hälfte aller Mitarbeitenden – 44 Prozent – hatte im vergangenen Jahr keinen einzigen Weiterbildungstag. Diese Zahlen sind alarmierend, denn sie zeigen, dass die Kompetenzlücke nicht erst in der Zukunft entsteht. Sie ist bereits da. Unternehmen verlieren heute schon an Produktivität, weil ihre Beschäftigten nicht über die Skills verfügen, die für ihre tägliche Arbeit erforderlich sind.

Die Folgen dieser Entwicklung gehen weit über einzelne Betriebe hinaus. Wenn ein Drittel der Belegschaft nicht adäquat qualifiziert ist, entstehen Reibungsverluste, Fehler häufen sich, Innovationen bleiben aus. Im internationalen Vergleich droht Deutschland zurückzufallen – besonders gegenüber Ländern, die beim Thema KI-Schulungen konsequenter vorgehen.

Warum Unternehmen nicht handeln – die drei Haupthindernisse

Drei zentrale Faktoren verhindern, dass aus guten Vorsätzen konkrete Weiterbildungsmaßnahmen werden. Erstens fehlt vielen Unternehmen eine digitale Lerninfrastruktur. Über die Hälfte der Betriebe verfügt über keine zentrale Lernplattform, auf der Schulungen skalierbar angeboten werden könnten. Ohne diese technische Basis bleibt KI-Qualifizierung ein Lippenbekenntnis – einzelne Workshops hier, ein externes Seminar dort, aber keine systematische Kompetenzentwicklung.

Zweitens planen nur 24 Prozent der Unternehmen ihre Personalentwicklung längerfristig. Die meisten Betriebe agieren reaktiv statt proaktiv. Sie warten, bis Probleme akut werden, anstatt frühzeitig in den Kompetenzaufbau zu investieren. Diese Kurzfristigkeit rächt sich besonders bei komplexen Themen wie KI, wo fundierte Qualifizierung Zeit braucht.

Drittens fehlt in vielen Organisationen der Überblick über vorhandene Kompetenzen. Laut einer Workday-Studie haben nur 54 Prozent der Führungskräfte einen klaren Blick auf die Skills ihrer Teams. Wer aber nicht weiß, welche Fähigkeiten bereits vorhanden sind und wo Lücken bestehen, kann keine zielgerichteten Weiterbildungsmaßnahmen entwickeln. Dieses Skills-Tracking-Problem führt zu ineffizienten Schulungen, die am tatsächlichen Bedarf vorbei gehen.

Konkrete Ansätze für wirksame KI-Weiterbildung

Die gute Nachricht: Es gibt bewährte Lösungsansätze, die funktionieren. Adaptives Lernen mit KI-gestützten Lernassistenten ermöglicht individualisierte Lernpfade. Statt Gießkannen-Schulungen erhalten Mitarbeitende genau die Inhalte, die zu ihrem aktuellen Wissensstand und ihren Aufgaben passen. Stefan Licht, der im Rahmen eines INQA-Projekts adaptive Lernsysteme erforscht, betont die Vorteile dieser Technologie: „KI-basierte Lernassistenz kann den Lernfortschritt deutlich beschleunigen und gleichzeitig die Motivation erhöhen.“

Zertifikatskurse wie die Weiterbildung zum KI-Manager, die etwa das Fraunhofer FIT anbietet, vermitteln strategisches Wissen für Führungskräfte und Projektverantwortliche. Solche Programme befähigen Entscheider, KI-Projekte im Unternehmen zu steuern und die richtigen Fragen zu stellen. Sie schaffen die Brücke zwischen technologischem Verständnis und geschäftlicher Anwendung.

Modulare Plattformen ermöglichen es, Weiterbildung schrittweise aufzubauen. Unternehmen können mit Grundlagenkursen starten und dann spezifische Anwendungsfelder vertiefen – von Prompt Engineering über Datenanalyse bis hin zu ethischen Fragestellungen. Diese Flexibilität ist besonders für mittelständische Betriebe wichtig, die nicht alle Mitarbeitenden gleichzeitig freistellen können.

Förderung nutzen und Investitionen absichern

Viele Unternehmen wissen nicht, dass KI-Weiterbildung förderfähig sein kann. Das Qualifizierungschancengesetz bietet Betrieben finanzielle Unterstützung, wenn sie ihre Beschäftigten zukunftsorientiert qualifizieren. Die Fördersätze variieren je nach Unternehmensgröße und können einen erheblichen Teil der Kosten abdecken. Gerade für kleinere und mittlere Unternehmen macht dies den Unterschied zwischen „zu teuer“ und „machbar“. Eine Prüfung bei der Bundesagentur für Arbeit oder bei spezialisierten Bildungsträgern lohnt sich. Die Investition in KI-Kompetenz rechnet sich mehrfach: durch höhere Produktivität, bessere Prozesse und die Fähigkeit, neue Geschäftsmodelle zu erschließen.

Fünf konkrete Schritte für HR-Verantwortliche

Erstens: Führt ein Skills-Assessment durch. Verschafft euch einen systematischen Überblick, welche KI-Kompetenzen im Unternehmen bereits vorhanden sind und wo die größten Lücken klaffen. Ohne diese Bestandsaufnahme tappt ihr im Dunkeln.

Zweitens: Entwickelt eine Weiterbildungs-Roadmap. Definiert, welche Kompetenzen in den nächsten 12, 24 und 36 Monaten aufgebaut werden müssen. Priorisiert nach geschäftlicher Relevanz und plant Meilensteine ein. Diese Roadmap sollte nicht in der Schublade landen, sondern aktiv gesteuert werden.

Drittens: Startet mit Pilotprojekten. Wählt eine Abteilung oder ein Team aus, das als Vorreiter fungiert. Sammelt Erfahrungen, justiert nach und skaliert dann. Dieser iterative Ansatz minimiert Risiken und erhöht die Akzeptanz.

Viertens: Baut eine digitale Lernplattform auf oder erweitert die bestehende. Ohne zentrale Infrastruktur bleibt Weiterbildung Stückwerk. Eine Plattform ermöglicht es, Inhalte zu kuratieren, Lernfortschritte zu tracken und kontinuierliches Lernen zu etablieren.

Fünftens: Prüft Fördermöglichkeiten und bindet externe Expertise ein. Nutzt staatliche Unterstützung und kooperiert mit Bildungsträgern, Hochschulen oder Instituten wie dem Fraunhofer FIT oder dem BIBB. Ihr müsst das Rad nicht neu erfinden – es gibt bewährte Programme und Formate, auf die ihr aufbauen könnt.

Der Standort steht auf dem Spiel

Die Kompetenzlücke bei KI ist kein abstraktes Problem, das sich in ferner Zukunft lösen lässt. Sie kostet deutsche Unternehmen bereits heute Wettbewerbsvorteile. Während in anderen Ländern systematisch in KI-Qualifizierung investiert wird, verlieren wir wertvolle Zeit. McKinsey warnt, dass die Fähigkeitsdefizite die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts gefährden. Die gute Nachricht ist: Es ist noch nicht zu spät. Unternehmen, die jetzt konsequent in die Weiterbildung ihrer Mitarbeitenden investieren, sichern sich einen strategischen Vorteil. Sie können KI-Technologien schneller skalieren, Innovationen vorantreiben und ihre Marktposition stärken. Die Frage ist nicht, ob ihr in KI-Weiterbildung investieren solltet, sondern wann ihr damit anfangt – und wie schnell ihr skalieren könnt.

refa.de – Generative KI in der deutschen Wirtschaft 2025 – Zentrale Ergebnisse

mckinsey.de – HR-Monitor 2025

group.amadeus-fire.de – Weiterbildung mit KI: Masterplan-Studie offenbart große Lücke

smartup-news.de – KI-Einsatz in deutschen Unternehmen: Die Kompetenzlücke wächst

inqa.de – Weiterbildung mit KI – Interview mit Stefan Licht

fit.fraunhofer.de – Weiterbildung Zertifizierte:r KI-Manager:in

haufe.de – Studie: Unternehmen haben Kompetenzen nicht im Blick

bibb.de – KI und berufliche Bildung

About the author

Bild von Stefan Seibel

Stefan Seibel

Über 20 Jahre im digitalen Marketing hinterlassen Spuren – Stefan Seibel hat sie alle gesehen: den ersten Suchmaschinen-Hype, den Social-Media-Boom und jetzt die KI-Revolution. Als Geschäftsführer, Co-Founder und Dozent kennt er die Branche aus jeder Perspektive. Heute entwickelt er als KI-Architekt intelligente Content-Systeme und weiß genau, wie Algorithmen ticken – auf beiden Seiten. Bei MARES schreibt er über Startups, Tech und digitale Trends. Mit dem Instinkt dessen, der die nächste Welle oft schon reitet, bevor andere sie kommen sehen
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