Eine aktuelle Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft und der Bertelsmann Stiftung offenbart eine überraschende Entwicklung: Während rund 20 Prozent der deutschen Unternehmen KI nutzen, stagniert die Nachfrage nach KI-Fachkräften oder ist sogar rückläufig. Diese Diskrepanz zwischen technologischem Potenzial und tatsächlicher Arbeitsmarktentwicklung wirft Fragen auf – und eröffnet gleichzeitig enorme Chancen für weitsichtige Unternehmen.
KI-Jobmarkt in Deutschland: Stagnation statt Boom
Die Zahlen sind ernüchternd: Zwischen 2019 und 2024 stieg der Anteil der KI-bezogenen Stellenanzeigen nur geringfügig von 1,1 auf 1,5 Prozent. In absoluten Zahlen ist 2024 sogar ein Rückgang zu verzeichnen. Diese Entwicklung steht im krassen Gegensatz zum wirtschaftlichen Potenzial, das KI-Technologien bieten.
Besonders auffällig: Es werden deutlich mehr Stellen in der KI-Entwicklung ausgeschrieben als für die KI-Anwendung. Die Durchdringung von künstlicher Intelligenz in Berufen außerhalb der Informatik findet kaum statt. Das ist ein klares Zeichen dafür, dass viele Unternehmen die Technologie noch nicht in ihre Kernprozesse integriert haben.
„Die wirtschaftlichen Chancen von KI werden in Deutschland noch nicht genutzt“, betont Hannes Ametsreiter, Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann-Stiftung. Diese Einschätzung deckt sich mit den Ergebnissen der Studie, die zeigt, dass die meisten KI-Stellen in großen, international agierenden Unternehmen entstehen – vor allem in IT-Dienstleistungen, Unternehmensberatung und Fahrzeugbau.
Warum gerade jetzt in KI-Jobs investiert werden sollte
Wettbewerbsfähigkeit sichern
Die internationale Konkurrenz schläft nicht. Während in Deutschland die KI-Jobentwicklung stagniert, investieren Unternehmen in den USA und Asien massiv in diesen Bereich. „Wenn KI in Unternehmen nicht stärker eingesetzt wird, verlieren wir an internationaler Wettbewerbsfähigkeit“, warnt Hannes Ametsreiter.
Studien zeigen, dass KI die Produktivität um bis zu 16 Prozent steigern kann – ein enormes Potenzial, das bisher weitgehend ungenutzt bleibt. Für deutsche Unternehmen, die sich in einem zunehmend herausfordernden wirtschaftlichen Umfeld behaupten müssen, könnte die gezielte Investition in KI-Kompetenzen den entscheidenden Unterschied machen.
Dem Fachkräftemangel aktiv begegnen
Gerade im KI-Bereich lässt sich dem Fachkräftemangel mit strategischen Maßnahmen begegnen. Statt ausschließlich auf die Rekrutierung externer Spezialisten zu setzen, sollten Unternehmen verstärkt in die Weiterbildung ihrer bestehenden Belegschaft investieren. Die Bitkom-Befragung zeigt jedoch, dass nur jedes fünfte Unternehmen den Großteil seiner Mitarbeiter im Umgang mit KI schult. Fast die Hälfte bietet keinerlei entsprechende Fortbildungen an. Hier lauert eine verpasste Chance, um interne Talente zu fördern.
Parallel dazu bietet die internationale Fachkräftezuwanderung großes Potenzial. KI-Stellen zeichnen sich durch hohe Flexibilität aus – in 50 Prozent der Ausschreibungen wird mobiles Arbeiten angeboten, deutlich mehr als bei anderen Stellenprofilen (38 Prozent). Diese Flexibilität kann deutsche Unternehmen für internationale Talente attraktiver machen.
Handlungsempfehlungen für Unternehmen
Um von den Chancen der KI zu profitieren, sollten Unternehmen jetzt aktiv werden:
Erstens: Investiere in die Weiterbildung Deiner Mitarbeiter. Etabliere interne Schulungsprogramme und fördere die Zusammenarbeit mit Bildungseinrichtungen. Der Aufbau von KI-Kompetenz im eigenen Haus ist langfristig günstiger als die ausschließliche Rekrutierung externer Spezialisten.
Zweitens: Verbessere Deine digitale Infrastruktur. Ohne leistungsfähige IT-Systeme, Cloud-Lösungen und entsprechende Datenstrukturen kann KI nicht effektiv eingesetzt werden. Dies gilt besonders für Unternehmen außerhalb der Metropolregionen.
Drittens: Nutze internationale Netzwerke. Der Aufbau und die Pflege globaler Kontakte erleichtern den Zugang zu KI-Talenten und fördern den Wissensaustausch über Ländergrenzen hinweg.
Viertens: Denke KI strategisch. Betrachte Investitionen in künstliche Intelligenz nicht als kurzfristige Kostenposition, sondern als langfristige strategische Entscheidung mit nachhaltigen Wachstumspotenzialen.
Die Zukunft gehört den Mutigen
Die aktuelle Stagnation bei KI-Jobs in Deutschland ist kein Grund zur Resignation – im Gegenteil. Sie bietet weitsichtigen Unternehmen die Chance, sich durch gezielte Investitionen in diesem Zukunftsfeld einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil zu sichern.
Wer jetzt in KI-Jobs investiert, baut nicht nur technologische Kompetenz auf, sondern sichert sich auch die Talente, die in den kommenden Jahren über Erfolg oder Misserfolg entscheiden werden. Die Frage ist nicht, ob Unternehmen in KI investieren sollten – sondern wie schnell und wie umfassend sie es tun.
Bertelsmann-Stiftung – Studie „Stagnation statt Boom: kaum KI-Jobs am deutschen Arbeitsmarkt“ https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/themen/aktuelle-meldungen/2025/juni/stagnation-statt-boom-kaum-ki-jobs-am-deutschen-arbeitsmarkt
Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) – Publikation „KI-Jobs in Deutschland: Stagnation statt Boom“ https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/publikationen/publikation/did/ki-jobs-in-deutschland-stagnation-statt-boom
Fraunhofer – Presseinformation „Mehr Wettbewerbsfähigkeit durch KI“ https://www.fraunhofer.de/de/presse/presseinformationen/2025/maerz-2025/mehr-wettbewerbsfaehigkeit-durch-ki.html