Hardy Eberle

DAOs: Revolution oder Risiko? Wie dezentrale Organisationen das Unternehmensrecht herausfordern

Dao vs Finanz

Decentralized Autonomous Organizations (DAOs) gelten als revolutionäres Konzept im Unternehmensrecht. Sie versprechen transparente, hierarchiefreie Strukturen mittels Blockchain-Technologie. Doch während Enthusiasten von einer Governance-Revolution schwärmen, kämpfen DAOs mit erheblichen rechtlichen Herausforderungen. Ein Blick auf die Spannung zwischen technologischer Innovation und juristischer Realität.

Blockchain-Basis: Wie DAOs funktionieren

DAOs basieren auf zwei technologischen Pfeilern: der Blockchain als fälschungssichere Infrastruktur und Smart Contracts, die Organisationsregeln automatisiert umsetzen. „Mit der Decentralized Autonomous Organization wird eine neue Organisationsform geschaffen, in der sich Menschengruppen dezentral, demokratisch und hierarchiefrei zusammenschließen und selbstständig verwalten können“, erläutert die Anwaltskanzlei CBH in ihrer Analyse.

Die Mitgliedschaft erfolgt über den Erwerb spezieller Token, die Stimmrechte verleihen – vergleichbar mit Unternehmensanteilen. Jede Transaktion und Entscheidung wird transparent in der Blockchain dokumentiert, was Manipulationen nahezu unmöglich macht.

Demokratische Entscheidungsfindung als Kernversprechen

Der größte Vorteil von DAOs liegt in ihrer demokratischen Struktur. Anders als bei klassischen Unternehmen mit Vorständen und Geschäftsführern trifft hier die Gemeinschaft Entscheidungen direkt per Abstimmung. Diese dezentrale Entscheidungsfindung verspricht mehr Transparenz und Mitbestimmung.

Zudem ermöglichen DAOs globale Zusammenarbeit ohne geografische Grenzen – ein Vorteil in einer vernetzten Wirtschaft. Die automatisierten Prozesse reduzieren Verwaltungskosten erheblich, da Mittelsleute wegfallen und Entscheidungen direkt umgesetzt werden.

Die Schattenseiten: Technische und rechtliche Risiken

Trotz aller Innovationskraft bergen DAOs erhebliche Risiken. Fehlerhafte Smart Contracts können zu massiven finanziellen Verlusten führen. Ein warnendes Beispiel lieferte „The DAO“ im Ethereum-Netzwerk, wo Angreifer eine Schwachstelle ausnutzten und Millionenwerte entwendeten.

Besonders problematisch ist die rechtliche Einordnung. In Deutschland werden DAOs meist als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) oder offene Handelsgesellschaft (oHG) eingestuft. Das führt zu einer gesamtschuldnerischen Haftung aller Teilnehmer – ein enormes Risiko für jeden Beteiligten.

Die pseudonyme Natur vieler DAO-Mitglieder erschwert zudem die steuerliche Erfassung und rechtliche Durchsetzbarkeit von Ansprüchen erheblich.

Wyoming als Vorreiter: Der „Legal Wrapper“ für DAOs

Während in Europa noch Rechtsunsicherheit herrscht, geht der US-Bundesstaat Wyoming neue Wege. Seit 2017 können dort DAOs als Gesellschaften mit beschränkter Haftung (LLC) registriert werden. Diese „DAO LLCs“ bieten einen rechtssicheren Rahmen mit Haftungsbeschränkung – ein entscheidender Vorteil im Geschäftsverkehr.

Dank eines völkerrechtlichen Vertrags zwischen Deutschland und den USA könnten solche Wyoming-DAOs auch hierzulande anerkannt werden. Dieses Modell könnte als Blaupause für zukünftige europäische Regulierungen dienen.

Zwischen Utopie und Pragmatismus

Die Zukunft von DAOs als Unternehmensform hängt maßgeblich davon ab, ob es gelingt, einen rechtssicheren Rahmen zu schaffen, der die technologischen Vorteile nicht einschränkt. Während die Technologie bereits ausgereift ist, hinkt die rechtliche Einordnung hinterher.

Für Investoren und Gründer bedeutet dies: Wer heute eine DAO nutzen möchte, sollte sich intensiv rechtlich beraten lassen. Die optimale Gestaltung hängt stark vom konkreten Anwendungsfall ab. Die zunehmende Digitalisierung wird den Druck auf Gesetzgeber erhöhen, klare Rahmenbedingungen zu schaffen.

DAOs stellen das traditionelle Unternehmensrecht vor fundamentale Herausforderungen. Sie zeigen eindrucksvoll, wie digitale Innovation bestehende Rechtsformen an ihre Grenzen bringt – und wie dringend wir eine Modernisierung des Gesellschaftsrechts benötigen.

CBH – Die Decentralized Autonomous Organization (DAO): https://www.cbh.de/news/unternehmen-finanzen/die-decentralized-autonomous-organization-dao/

Anycoin Direct – Was ist eine DAO?: https://anycoindirect.eu/de/academy/was-ist-eine-dao

Mohr Siebeck – Dezentrale autonome Organisationen, DAOs und Gesellschaftsrecht: https://www.mohrsiebeck.com/buch/dezentrale-autonome-organisationen-daos-und-gesellschaftsrecht-9783161616068/

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