Bei Thyssenkrupp zeichnet sich eine historische Wende ab: Management und IG Metall haben sich auf Eckpunkte eines Sanierungstarifvertrags geeinigt, der tiefgreifende Veränderungen für Deutschlands größten Stahlhersteller vorsieht. Der Deal verspricht Beschäftigungssicherheit bis 2030 – jedoch um den Preis massiver Umstrukturierungen und dem Abbau von bis zu 11.000 Arbeitsplätzen.
Radikaler Umbau ohne betriebsbedingte Kündigungen
Die Vereinbarung zwischen dem kriselnden Stahlriesen und der Gewerkschaft sieht einen sozialverträglichen Stellenabbau vor, der ohne betriebsbedingte Kündigungen bis zum Jahr 2030 auskommen soll. Wie das „Handelsblatt“ berichtet, müssen die rund 27.000 Beschäftigten im Gegenzug schmerzhafte Einschnitte hinnehmen: Kürzere Arbeitszeiten und reduzierte Sonderzahlungen sollen die Personalkosten senken..
Kapazitätsabbau und Werksschließungen geplant
Die Einigung sieht vor, die jährliche Produktionskapazität von derzeit 11,5 Millionen Tonnen auf 8,7 bis 9,0 Millionen Tonnen zu reduzieren. Dies bedeutet auch Werksschließungen und Standortkonsolidierungen. Während die sofortige Schließung des Werks Kreuztal-Eichen vermieden werden konnte, steht eine beschleunigte Schließung des Standorts „Castroper Straße“ in Bochum im Raum.
Der Umbau soll jährliche Einsparungen von über 100 Millionen Euro bringen – Gelder, die dringend benötigt werden, da der Stahlbereich in vier der letzten fünf Jahre Verluste eingefahren hat.
Strategische Neuausrichtung für Zukunftsfähigkeit
Die Umstrukturierung ist Teil einer größeren strategischen Neuausrichtung, die Thyssenkrupp Steel als eigenständiges oder teilautonomes Unternehmen positionieren soll. Im Gespräch ist ein 50:50-Joint-Venture, wobei der tschechische Milliardär Daniel Kretinsky, der bereits 20% an TKSE hält, als potenzieller Partner gilt.
Parallel zur Verschlankung plant das Unternehmen Investitionen in die grüne Transformation. Der Bau einer Direktreduktionsanlage und die Prüfung eines Elektrostahlwerks signalisieren den Weg in Richtung nachhaltiger Stahlproduktion – unerlässlich angesichts strengerer Klimaziele und steigender CO2-Kosten.
Entscheidende Abstimmung steht noch aus
Bis Ende September sollen die Details des Sanierungstarifvertrags ausgearbeitet werden. Entscheidend für die Umsetzung ist jedoch die Zustimmung der IG-Metall-Mitglieder bei TKSE. Die Gewerkschaft betont, dass trotz der schmerzhaften Einschnitte der Erhalt von Arbeitsplätzen und die Vermeidung von Standortschließungen im Vordergrund standen.
Der Personalvorstand von TKSE, Dirk Schulte, bezeichnete die Grundsatzeinigung als „solide Basis für weitere Verhandlungen. Wir müssen jetzt Klarheit für unsere Belegschaft schaffen und Perspektiven für die Zukunft aufzeigen.“
Für die betroffenen Regionen, in denen Thyssenkrupp oft einer der größten Arbeitgeber ist, hat die Umstrukturierung erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen. Die Sozialpartner betonen daher die Bedeutung begleitender Maßnahmen, um negative regionale Folgen abzufedern.
Handelsblatt: Jobabbau und Sanierungstarifvertrag bei Thyssenkrupp Steel – https://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/jobabbau-thyssenkrupp-steel-und-ig-metall-einigen-sich-auf-sanierungstarifvertrag/100141179.html
Spiegel: Thyssenkrupp Steel: Einigung mit IG Metall auf harte Sparmaßnahmen – https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/thyssenkrupp-steel-einigung-mit-ig-metall-auf-harten-sparkurs-bis-2030-a-5b21e910-4c83-4386-b5e2-1fffb0eb757c
Deutschlandfunk: Sanierungstarifvertrag bei Thyssenkrupp Steel ohne betriebsbedingte Kündigungen – https://www.deutschlandfunk.de/thyssenkrupp-steel-und-ig-metall-einigen-sich-auf-sanierungstarifvertrag-102.html