Die erste KI-generierte Szene bei Netflix markiert einen Wendepunkt in der Filmproduktion. In seiner argentinischen Serie „Eternauta“ hat der Streaming-Gigant eine komplexe Gebäudeeinsturz-Sequenz vollständig mit künstlicher Intelligenz erstellt – zehnmal schneller und zu einem Bruchteil der Kosten herkömmlicher Spezialeffekte. Was als Experiment begann, entwickelt sich zur Kernstrategie: Netflix-Co-CEO Ted Sarandos verkündet unmissverständlich, dass KI Filme und Serien nicht nur günstiger, sondern auch „zehn Prozent besser“ machen soll.
KI als Game-Changer für Produktionskosten und Qualität
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Mit einem Umsatzwachstum von 16 Prozent auf 11,08 Milliarden Dollar und einem Gewinnsprung von über 45 Prozent im letzten Quartal befindet sich Netflix in einer hervorragenden Position, um in neue Technologien zu investieren. Dabei setzt der Streaming-Pionier nicht nur auf Kosteneinsparungen, sondern auf eine fundamentale Transformation des Produktionsprozesses.
Der KI-Einsatz bei „Eternauta“ ist dabei nur der Anfang. Sarandos verweist auf weitere Projekte wie den Film „Pedro Paramo“, bei dem KI-Software für Verjüngungseffekte eingesetzt wurde. Der Unterschied zum aufwändigen „De-Aging“ bei Scorseses „The Irishman“? Der gesamte „Pedro Paramo“-Film kostete nicht mehr als die Spezialeffekte des Mafia-Epos.
Vom Comic zur KI-Revolution
„Eternauta“ basiert auf einem argentinischen Science-Fiction-Comic aus den späten 1950er Jahren und erzählt die Geschichte eines tödlichen Schneefalls über Buenos Aires, der den Großteil der Bevölkerung tötet. Die überlebenden Protagonisten kämpfen sich durch eine postapokalyptische Landschaft. Diese düstere Prämisse bot den perfekten Rahmen für Netflix, um erstmals KI-generierte Szenen in einer veröffentlichten Produktion einzusetzen. Der Erfolg spricht für sich: Bereits einen Tag nach der Premiere der ersten Staffel am 30. April 2025 kündigte Netflix eine zweite, abschließende Staffel an.
Zwischen Effizienz und Branchenbedenken
Die KI-Strategie von Netflix fällt in eine Zeit, in der Hollywood gerade erst die Nachwehen der Streiks verarbeitet, bei denen der Einsatz künstlicher Intelligenz ein zentraler Streitpunkt war. Drehbuchautoren und Schauspieler fürchten, dass Studios sie durch Software ersetzen könnten.
Star-Regisseur James Cameron sieht dagegen wenig Alternativen: Um weiterhin Blockbuster mit Spezialeffekten produzieren zu können, müssten die Produktionskosten halbiert werden – und KI sei der Weg dahin.
Mit seinem Vorstoß könnte Netflix den Druck auf konkurrierende Studios und Streaming-Dienste erhöhen, ebenfalls verstärkt auf KI-Lösungen zu setzen.
Zwischen Technologie und Tragik
Ironischerweise hat ausgerechnet „Eternauta“ eine tragische Hintergrundgeschichte: Sein Schöpfer Héctor Germán Oesterheld, der sich offen gegen das argentinische Militärregime stellte, wurde 1977 verhaftet und zählt zu den „verschwundenen“ Intellektuellen jener Zeit. Seine vier Töchter, damals zwischen 19 und 25 Jahre alt, waren zu diesem Zeitpunkt bereits tot oder „verschwunden“.
Diese historische Dimension verleiht der technologischen Innovation eine besondere Note – die Geschichte eines Mannes, der für seine Überzeugungen alles opferte, wird nun mit modernsten Mitteln erzählt.
Netflix nutzt diese Verbindung zwischen zeitloser Erzählung und zukunftsweisender Technologie geschickt, um Pionierarbeit in der KI-gestützten Filmproduktion zu leisten.
Neue Maßstäbe für die Branche
Mit seinem KI-Vorstoß setzt Netflix nicht nur neue finanzielle Maßstäbe – die erhöhte Jahresprognose von 44,8 bis 45,2 Milliarden Dollar Umsatz spricht für sich – sondern definiert auch, wie Unterhaltungsinhalte künftig produziert werden.
Während die Debatte über ethische Aspekte der KI-Nutzung in der Kreativbranche weitergeht, positioniert sich Netflix klar als Innovationsführer, der die Technologie nicht als Bedrohung, sondern als Werkzeug für bessere Geschichten betrachtet.
Produktionsrevolution mit Weitblick
Netflix‘ Strategie zeigt: KI wird nicht eingesetzt, um kreative Köpfe zu ersetzen, sondern um ihre Visionen besser umzusetzen. Die Kombination aus menschlicher Kreativität und KI-Effizienz könnte das Erfolgsrezept sein, das den Streaming-Giganten noch weiter von der Konkurrenz abhebt.
Während die Branche noch diskutiert, handelt Netflix bereits – und könnte damit den Standard setzen, an dem sich künftige Produktionen messen lassen müssen.
it-daily.net – KI soll Netflix-Filme und -Serien besser machen
finanznachrichten.de – ROUNDUP/Netflix: KI soll Filme und Serien besser machen
moviepilot.de – Eternauta | Serie 2025 | Moviepilot
wikipedia.org – The Eternaut (TV series) – Wikipedia