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Wie Ric Fulop mit Desktop Metal Deutschlands Industrie in die vierte Ära des 3D-Drucks führt

Im Kern von Fulops Strategie steht eine Technologie, die speziell für die Anforderungen der deutschen Industrie wie geschaffen scheint: Binder Jetting. Anders als bei laserbasierter Pulverbettfusion wird beim Binder Jetting ein Bindemittel verwendet, um Metallpulver zu verbinden. Das Ergebnis: deutlich niedrigere Produktionskosten und eine Geschwindigkeit, die den Einsatz in der industriellen Fertigung erst wirtschaftlich macht.

Von der Prototypen-Fertigung zur industriellen Massenproduktion – 3D-Druck erlebt gerade bahnbrechende Veränderungen. Mitten im Zentrum dieser Transformation steht Ric Fulop, Gründer und CEO von Desktop Metal. Mit seiner Vision vom „Additive Manufacturing 2.0“ bringt er nicht nur neue Technologien auf den Markt, sondern verändert grundlegend, wie Produktionsunternehmen über Fertigungsprozesse denken. Warum der Unternehmer und seine Binder-Jetting-Technologie genau jetzt zum Game-Changer auch für die deutsche Industrie werden.

Vom Batterie-Pionier zum 3D-Druck-Visionär

Wer Ric Fulops Karriere verfolgt, erkennt schnell ein Muster: Der Unternehmer setzt konsequent auf Technologien, die traditionelle Industrien transformieren. Bevor er 2015 Desktop Metal gründete, hatte er bereits A123 Systems aus der Taufe gehoben – ein Unternehmen, das die Lithium-Ionen-Batterietechnologie für die Automobilindustrie revolutionierte und in seiner Hochphase über 500 Millionen US-Dollar Umsatz erzielte.

Nach seinem Erfolg mit A123 verbrachte Fulop fünf Jahre als General Partner bei North Bridge Ventures, wo er Investitionen in Höhe von über 3 Milliarden US-Dollar verwaltete. Diese Zeit nutzte er, um tief in die Welt der additiven Fertigung einzutauchen und die entscheidende Marktlücke zu identifizieren: Während 3D-Druck für Prototypen längst etabliert war, fehlten skalierbare Lösungen für die industrielle Massenproduktion.

Diese Erkenntnis wurde zur Grundlage für Desktop Metal – ein Unternehmen, das nicht weniger als die komplette Demokratisierung des Metall-3D-Drucks anstrebt. „Wir wollen die additive Fertigung von der Prototypen-Phase in die Massenproduktion überführen“, so Fulop über seine Vision.

Binder Jetting: Die Technologie, die deutsche Produktionshallen transformiert

Im Kern von Fulops Strategie steht eine Technologie, die speziell für die Anforderungen der deutschen Industrie wie geschaffen scheint: Binder Jetting. Anders als bei laserbasierter Pulverbettfusion wird beim Binder Jetting ein Bindemittel verwendet, um Metallpulver zu verbinden. Das Ergebnis: deutlich niedrigere Produktionskosten und eine Geschwindigkeit, die den Einsatz in der industriellen Fertigung erst wirtschaftlich macht. Besonders für deutsche Hersteller, die unter dem Druck stehen, gleichzeitig hochwertig und kosteneffizient zu produzieren, bietet diese Technologie enorme Vorteile. Mit Produktlinien wie dem Studio System für Büroumgebungen, dem Production System für industrielle Großserienfertigung und dem Shop System für klassische Maschinenbauer deckt Desktop Metal das gesamte Spektrum ab, das für den deutschen Mittelstand und Großkonzerne relevant ist.

Strategische Partnerschaften als Schlüssel zum europäischen Markt

Fulop erkannte früh: Um in Deutschland Fuß zu fassen, braucht es mehr als nur überlegene Technologie. Es braucht starke lokale Partner. Der Durchbruch kam im Oktober 2022, als Desktop Metal eine weitreichende Partnerschaft mit Siemens einging.

Diese Kooperation ist weit mehr als ein Marketingcoup – sie integriert Siemens‘ digitale Zwillingstechnologie, Simulationswerkzeuge und Automatisierungslösungen direkt in Desktop Metals Produktionssysteme. Für deutsche Fertigungsunternehmen bedeutet das: Sie können Produktionsprozesse digital simulieren und optimieren, bevor die physische Hardware überhaupt zum Einsatz kommt.

Der Effekt? Drastisch reduzierte Ausfallzeiten und verbesserte Qualitätssicherung – zwei Faktoren, die besonders in der deutschen Fertigungstradition höchste Priorität genießen. „Die Integration von Siemens‘ digitalen Werkzeugen in unsere Systeme ermöglicht es Kunden, Produktion zu planen, zu simulieren und zu optimieren, bevor der erste Teil gedruckt wird“, erklärte Fulop bei der Bekanntgabe der Partnerschaft.

Die vierte Ära: Hybrid-Fertigung statt kompletter Ersatz

Was Fulops Ansatz von vielen Tech-Visionären unterscheidet: Er propagiert keinen kompletten Ersatz traditioneller Fertigungsmethoden. Stattdessen spricht er von einer „vierten Ära“ der additiven Fertigung, in der 3D-Druck und konventionelle Methoden koexistieren und sich ergänzen.

Für die deutsche Industrie, die auf Jahrzehnte der Fertigungsexzellenz zurückblickt, ist dieser pragmatische Ansatz besonders attraktiv. Statt bestehende Anlagen zu ersetzen, können Unternehmen Desktop Metals Systeme integrieren, um spezifische Vorteile zu nutzen:

Präzise Individualisierung komplexer Komponenten, die mit subtraktiven Methoden schwer oder unmöglich herzustellen sind. Drastisch verkürzte Entwicklungszyklen durch schnelles Prototyping und Werkzeugbau. Materialeffizienz und Nachhaltigkeit durch Near-Net-Shape-Produktion, die Verschnitt minimiert und Energieverbrauch senkt. Erhöhte Flexibilität für Kleinserien oder hochspezialisierte Teile – ein wachsender Bereich in der deutschen Automobilindustrie, Luft- und Raumfahrt sowie Medizintechnik.

Mit digitalen Zwillingen und Simulation in die Zukunft

Die nächste Phase der industriellen 3D-Druck-Revolution wird laut Fulop vor allem durch Software-Innovationen vorangetrieben – insbesondere durch Simulationen und die Integration digitaler Zwillinge. Hier zeigt sich erneut, wie gut Desktop Metals Strategie mit den Bedürfnissen deutscher Produktionsunternehmen harmoniert, die traditionell großen Wert auf Vorhersagbarkeit, Qualität und Skalierbarkeit legen.

Durch die Partnerschaft mit Siemens können deutsche Fertigungsunternehmen ihre Produktionsprozesse bereits vor dem physischen Druck digital simulieren und optimieren. Das reduziert nicht nur Kosten und Materialverschwendung, sondern beschleunigt auch die Markteinführung neuer Produkte erheblich.

Industrielle Transformation trotz wirtschaftlicher Herausforderungen

Trotz steigender Zinsen und wirtschaftlicher Unsicherheiten hält Fulop an seiner Vision fest. Seine Strategie: Konsolidierung und strategische Partnerschaften, um Effizienz zu steigern und Kosten zu senken. „In der Fertigung gibt es enorme Chancen durch Standortkonsolidierung – sowohl in Nordamerika als auch in Europa, einschließlich Deutschland und München“, erklärte Fulop während eines CEO-Panels.

Für deutsche Produktionsunternehmen bietet diese Phase der Transformation eine einzigartige Chance: Wer jetzt in additive Fertigungstechnologien investiert, kann nicht nur Kosten senken, sondern auch seine globale Wettbewerbsfähigkeit stärken. Die Kombination aus deutscher Ingenieurskunst und Desktop Metals fortschrittlichen Produktionssystemen schafft Möglichkeiten für maßgeschneiderte, hochwertige Produkte, die sich deutlich von der Massenware abheben.

Ein wesentlicher Aspekt bei den wirtschaftlichen Herausforderungen war die rechtliche Auseinandersetzung um die Übernahme durch Nano Dimension. Das Delaware Court of Chancery musste Nano Dimension im März 2025 zur Durchführung der Übernahme zwingen. Der ursprüngliche CEO Yoav Stern wurde im Dezember 2024 entlassen, nachdem Aktivisten die Übernahme als „überteuert“ kritisiert hatten.

Zukunftsmusik, die bereits spielt

Deutsche Branchenriesen wie BMW und Mercedes-Benz nutzen bereits 3D-Druck für nicht-kritische Werkzeuge und Komponenten, um Lagerbestände zu reduzieren und Designzyklen zu beschleunigen. Im Bereich Luft- und Raumfahrt profitieren hochpräzise, kleinvolumige Produktionsteile von den Möglichkeiten des Metall-Binder-Jettings. Und in der Medizintechnik eröffnen individualisierte Implantate und Prothesen, insbesondere in der Dental- und Orthopädietechnik, neue Möglichkeiten für Präzision und Personalisierung.

Was all diese Anwendungsfälle verbindet: Sie ergänzen bestehende Fertigungsmethoden, anstatt sie vollständig zu ersetzen. Genau diese Philosophie macht Fulops Vision so attraktiv für die deutsche Industrie – sie bietet Evolution statt Revolution, Ergänzung statt Ersatz.

Während Herausforderungen wie Technologiereife und Integration in bestehende Systeme weiterhin bestehen, zeigt Fulops Betonung der digitalen Zwillingstechnologie und Prozesssimulation den Weg zur nahtlosen Integration in etablierte Fertigungsumgebungen.

Die Zukunft gehört den Hybrid-Modellen

Fulops Vision für die Zukunft der Fertigung ist klar: Hybride Fertigungsmodelle, bei denen traditionelle Methoden durch additive Fertigung unterstützt werden. Industrielle 3D-Drucker werden Teil eines integrierten Produktionsökosystems, nicht eigenständige Lösungen.

Für deutsche Hersteller bedeutet dies eine Chance, ihre globale Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, indem sie Lieferzeiten verkürzen und flexibler auf Marktdynamiken reagieren. Mit dem Fokus auf Energieeffizienz und Materialabfallreduzierung unterstützt additive Fertigung zudem Deutschlands Nachhaltigkeitsziele – ein zunehmend wichtiger Wettbewerbsfaktor.

Mehr als nur ein weiterer Technologietrend

Ric Fulop und Desktop Metal verfolgen eine mutige Vision: die Industrialisierung der additiven Fertigung durch integrierte, softwaregesteuerte Produktionssysteme und strategische Partnerschaften. Obwohl wirtschaftliche Herausforderungen und technologische Hürden bestehen, zeigen ihre Bemühungen einen vielversprechenden Weg für Hersteller weltweit – einschließlich des hochkompetitiven und innovativen deutschen Produktionssektors.

Während die Branche in die „vierte Ära“ übergeht, werden digitale, hybride Fertigungslösungen die Lücke zwischen traditionellen Prozessen und einer Zukunft schließen, die durch schnelle, kosteneffektive und anpassbare Produktion geprägt ist. Für deutsche Unternehmen, die traditionell auf Präzision und Qualität setzen, bietet diese Entwicklung die perfekte Gelegenheit, ihre Stärken mit neuen technologischen Möglichkeiten zu verbinden.

Aktuelle Entwicklungen 2025

Im Jahr 2025 musste Desktop Metal jedoch einen schweren Rückschlag hinnehmen. Am 28. Juli 2025 beantragte das Unternehmen Chapter 11 Insolvenz. Diese Entwicklung hat erhebliche Auswirkungen auf die im Artikel beschriebenen Visionen. Nach der Übernahme durch Nano Dimension im April 2025 für 179,3 Millionen USD wurde die weitere Finanzierung eingestellt und ein unabhängiges Board für die Restrukturierung installiert. Die Insolvenz markiert das „Ende der dritten Ära“ der 3D-Druck-Industrie und zwingt Desktop Metal, seine ausländischen Tochtergesellschaften an Anzu Partners zu verkaufen.

Diese dramatische Entwicklung zeigt die Herausforderungen und Risiken der Branche auf und verdeutlicht, dass trotz innovativer Technologien und Partnerschaften wirtschaftliche Stabilität und strategische Weitsicht entscheidend sind für den langfristigen Erfolg.

desktopmetal.com – Ric Fulop Profile

siemens.com – Siemens and Desktop Metal Partnership

3dprint.com – Boston’s Additive Edge: Ric Fulop’s Bold Move

clay.com – CEO Overview of Desktop Metal

metal-am.com – Desktop Metal Chapter 11 Bankruptcy Filing

bondoro.com – Desktop Metal Chapter 11 Case Summary

3dprintingjournal.com – Desktop Metal Bankruptcy Analysis

globenewswire.com – Nano Dimension Acquisition Completion

About the author

Bild von Rolf C. Bott

Rolf C. Bott

Rolf C. Bott bündelt als digitaler Recherche-Spezialist internationale Expertise aus Health, Mobility, Gadgets und KI. Er durchforstet globale Quellen, wertet Studien aus und destilliert komplexe Zusammenhänge zu verständlichen Insights und schafft so Zugang zu fundiertem Wissen aus der ganzen Welt – präzise aufbereitet und auf den Punkt gebracht.
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