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Die neuen Superpower-4Ps: Wie Marketing eine nachhaltige Zukunft mitgestalten kann

Kaufen, besitzen, wegwerfen: so sah jahrzehntelang die Logik unserer Konsumgesellschaft aus. Marketing war dabei der Motor, der das System am Laufen hielt: geschickte Produktinszenierungen, knallige Kampagnen, Preisstrategien, die zum Zugreifen verführten. Die vier großen Stellschrauben des klassischen Marketings – Product, Price, Place und Promotion – waren darauf ausgelegt, Nachfrage zu erzeugen und Wachstum zu beschleunigen.

Doch die Welt hat sich verändert. Klimakrise, Ressourcenknappheit und ein neues Wertebewusstsein in der Gesellschaft zwingen Unternehmen, umzudenken. Immer mehr Konsument:innen fragen nicht nur, was ein Produkt kostet, sondern auch, was es kostet – für den Planeten, für andere Menschen, für künftige Generationen. Und plötzlich wirkt der alte Marketing-Mix wie ein Werkzeugkasten aus einer vergangenen Zeit.

Die gute Nachricht: Das Konzept der 4Ps ist nicht obsolet. Es ist im Gegenteil relevanter denn je. Allerdings in einer neuen Form. Die Superpower-4Ps heben den klassischen Mix auf ein Level, das Nachhaltigkeit nicht als Marketing-Gag versteht, sondern als Fundament für zukunftsfähiges Wirtschaften. Sie verbinden die drei großen Nachhaltigkeitsstrategien Effizienz, Konsistenz und Suffizienz mit konkreten, praxisnahen Marketinghebeln.

Wer sie klug einsetzt, gestaltet nicht nur das Geschäft von morgen, sondern trägt aktiv dazu bei, dass es dieses Morgen überhaupt gibt.

Product: Vom Haben zum Nutzen

Das erste P, das Produkt, erlebt den vielleicht radikalsten Wandel. Früher galt: Je mehr verkauft wurde, desto besser. Heute lautet die Devise: Je länger genutzt wird, desto nachhaltiger.

Produkte müssen reparierbar, modular und langlebig sein. Unternehmen wie Fairphone oder Patagonia zeigen, wie das geht: Ersatzteile, Reparaturservices und zeitloses Design statt geplanter Obsoleszenz. Und immer häufiger wird das Produkt gar nicht mehr gekauft, sondern nur genutzt per Leasing, Mietmodell oder Pay-per-Use. Hier entstehen andere Geschäftsmodelle, die Profit und Klimafreundlichkeit vereinen.

Das verändert nicht nur die Beziehung zwischen Unternehmen und Kunden, sondern auch das Selbstverständnis ganzer Branchen. Ein Bohrmaschinenhersteller muss sich fragen: Verkaufen wir wirklich noch Bohrer, oder verkaufen wir eigentlich Löcher in der Wand?

Price: Der Preis der Wahrheit

Auch beim zweiten P kann es nicht so bleiben, wie es ist. Preise waren bisher ein Zahlenspiel zwischen Angebot und Nachfrage. Doch der wahre Preis eines Produkts geht weit darüber hinaus, er umfasst die Kosten für Umwelt und Gesellschaft.

Immer mehr Unternehmen experimentieren mit True Cost Pricing. PENNY hat in einer viel beachteten Kampagne gezeigt, was Lebensmittel wirklich kosten, wenn man CO₂-Ausstoß, Wasserverbrauch und soziale Folgekosten einrechnet. Die Zahlen waren schockierend, aber auch ein Augenöffner.

Andere gehen einen Schritt weiter: Burger King verkauft pflanzliche Alternativen bewusst günstiger als Fleischprodukte. Damit wird der Preis zum Hebel für Verhaltensänderung. Statt Moralpredigt heißt die Botschaft: Nachhaltigkeit lohnt sich – auch im Geldbeutel.

Place: Der Weg ist das Ziel

Das dritte P, Place, wirkt auf den ersten Blick nüchtern: Vertrieb, Logistik, Regalplatzierung. Doch genau hier schlummert ein riesiges Potenzial.

Wer online bestellt, kennt das Problem der Retouren. Jede Rücksendung verursacht nicht nur Kosten, sondern auch CO₂. Unternehmen, die clevere Rücknahmesysteme oder CO₂-arme Logistik entwickeln, punkten gleich doppelt: ökologisch und ökonomisch.

Auch die Gestaltung von Geschäften verändert sich. Nachhaltiges Store-Design mit recycelten Materialien, Beratung zu den ökologisch sinnvollsten Optionen oder die strategische Platzierung nachhaltiger Produkte im Regal – all das macht einen Unterschied. Statt Konsumenten einfach alles zu präsentieren, können Händler aktiv Nudges setzen, die nachhaltige Entscheidungen erleichtern.

Promotion: Ehrlichkeit statt Greenwashing

Und schließlich die Kommunikation. Hier entscheidet sich, ob Nachhaltigkeit als echte Chance wahrgenommen wird – oder als leere Werbephrase.

Die Zeit der grünen Wolkenbilder und schwammigen Versprechen ist vorbei. Konsument:innen erwarten radikale Transparenz: überprüfbare Fakten statt PR-Sprechblasen. Unternehmen, die ehrlich kommunizieren, gewinnen Vertrauen – und das ist heute eine der wertvollsten Währungen überhaupt.

Doch Kommunikation darf nicht trocken sein. Nachhaltigkeit ist kein Verzichtsprogramm, sondern ein Gewinn an Lebensqualität. Farbenfrohe Kampagnen, glaubwürdige Botschafter:innen und kreative Geschichten sind gefragt, die zeigen: Nachhaltiger Konsum macht Spaß und fühlt sich gut an.

Wenn Marken den Wandel wagen

Dass diese Transformation kein theoretisches Gedankenspiel ist, zeigen Unternehmen bereits in der Praxis. Burger King beweist mit seiner „Make-It-Plant-Based“-Strategie, dass pflanzliche Alternativen nicht nur schmecken, sondern auch massentauglich sind – wenn sie clever über die 4Ps integriert werden.

Ein anderes Beispiel lieferte Peek & Cloppenburg mit seinem Conscious Fashion Store: Second-Hand, Upcycling-Services, nachhaltiges Store-Design und transparente Kommunikation, ein Konzept, das beweist, dass Mode und Verantwortung kein Widerspruch sein müssen.

Neue Maßstäbe für Erfolg

Damit Nachhaltigkeit nicht nur zur hübschen Fassade verkommt, braucht es neue Maßstäbe. Unternehmen messen nicht mehr nur Umsatz und Marktanteile, sondern auch: Wie viele Ressourcen wurden eingespart? Wie lange werden Produkte genutzt? Wie ehrlich wird kommuniziert? Und welchen gesellschaftlichen Impact erzeugt das alles?

Das sind die neuen KPIs einer zukunftsfähigen Wirtschaft. Sie machen sichtbar, ob Marketing wirklich Teil der Lösung ist – oder nur das alte System im grünen Gewand

Die Superpower-4Ps zeigen: Marketing ist nicht länger bloß Verkaufsmaschine, sondern Katalysator für den Wandel. Unternehmen, die diese Chance nutzen, stärken nicht nur ihre Marke, sondern leisten auch einen echten Beitrag zur Lösung globaler Krisen.

Für CMOs bedeutet das eine neue Rolle: weg vom reinen Verkaufsförderer, hin zum strategischen Nachhaltigkeitsgestalter. Mit Neugier, Mut und der Bereitschaft, Gewohntes zu hinterfragen, können sie Marketing zu einer echten Superkraft machen – für Business, Gesellschaft und unseren Planeten.

Mehr dazu auch in dem Buch „Superpower Sustainable Marketing“, das zeigt, wie die neuen 4Ps sich auf die gesamte Marke auswirken und durch ein ganzes Unternehmen ziehen können.

Franziska Mozart berichtet seit vielen Jahren über die Marketing- und Medien-Branche. Die freie Journalistin beschäftigt sich am liebsten mit Nachhaltigkeit und Digitalisierung und am allerliebsten mit der Schnittstelle dieser beiden Bereiche. Ihr journalistisches Handwerkszeug lernte sie bei der Fachzeitschrift Werben & Verkaufen (W&V), für die sie aktuell den Green CMO Award betreut. Sie betreibt einen Newsletter zum Thema Green Marketing und gilt als Expertin zum Thema Nachhaltigkeitsmarketing und hat als Co-Autorin das Buch »SUPER POWER – SUSTAINABLE MARKETING« geschrieben.

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