Meta setzt einen Paukenschlag im Tech-Design-Universum: Alan Dye, seit 2015 Apples Vice President of Human Interface Design, wechselt zum Jahresende ins Lager des Social-Media-Riesen. Der Architekt hinter wegweisenden Apple-Interfaces, der Apple Intelligence und zuletzt Liquid Glass, wird ab dem 31. Dezember ein neues Kreativstudio innerhalb der Reality Labs leiten. Dieser spektakuläre Transfer könnte Metas Ambitionen im Bereich Spatial Computing und KI-gestützter Hardware entscheidend voranbringen – und gleichzeitig Apples Design-Vorsprung gefährden.
Ein Design-Schwergewicht mit beeindruckender Apple-Historie
Alan Dyes Karriere bei Apple begann 2006 zunächst als Creative Director im Marketing- und Kommunikationsteam. Der entscheidende Karrieresprung folgte 2012, als er zu Jony Ives User Interface Team wechselte und maßgeblich an der Entwicklung von iOS 7 mitwirkte – jener radikalen Neugestaltung, die Apple vom skeuomorphischen Design verabschiedete und den Weg für die moderne Apple-Ästhetik ebnete.
Nach Ives Beförderung zum Chief Design Officer übernahm Dye 2015 die Leitung des User Interface Design Teams. Unter seiner Ägide entstanden prägende Produkte wie die Apple Watch, das iPhone X und nicht zuletzt das Vision Pro Headset. Sein jüngstes Vermächtnis: die Liquid Glass-Überarbeitung in iOS 26 und macOS 26, die er persönlich auf der WWDC im Juni präsentierte.
Metas mutiger Vorstoß in eine designgetriebene Zukunft
Mit der Verpflichtung von Dye setzt Mark Zuckerberg ein unmissverständliches Signal: Meta will bei der Verschmelzung von Design, Mode und Technologie ganz vorne mitspielen. Das neue Kreativstudio in der Reality Labs-Division soll laut Zuckerberg „Design, Mode und Technologie zusammenbringen, um die nächste Generation unserer Produkte und Erfahrungen zu definieren“. Besonders bemerkenswert ist Zuckerbergs Vision, „Intelligenz als neues Designmaterial zu behandeln“ – ein Hinweis darauf, dass Meta KI nicht nur als Technologie, sondern als fundamentales Gestaltungselement betrachtet.
Ein Starensemble für die Reality Labs
Dye wird bei Meta kein Einzelkämpfer sein. An seiner Seite stehen weitere Schlüsselfiguren wie der ehemalige Apple-Designer Billy Sorrentino, Joshua To für Interface Design und Pete Bristol, der das Industriedesign-Team leitet.
Dyes Expertise wird direkt Andrew Bosworth, Metas Chief Technology Officer, zugutekommen. Er soll sich vor allem auf die Verbesserung von KI-Features in Geräten konzentrieren – ein Bereich, in dem Meta mit Produkten wie den Ray-Ban Meta Smart Glasses bereits erste Erfolge verbuchen konnte.
Die Neuausrichtung kommt zu einem kritischen Zeitpunkt: Metas Reality Labs verzeichneten allein im dritten Quartal 2025 einen Verlust von 4,4 Milliarden Dollar bei einem Umsatz von lediglich 470 Millionen Dollar. Seit Ende 2020 summieren sich die Verluste auf fast 70 Milliarden Dollar.
Apples Antwort auf den Abgang
Bei Apple übernimmt Stephen Lemay, ein Veteran mit über 25 Jahren im Unternehmen, Dyes Position. Lemay hat seit 1999 an praktisch jeder wichtigen Apple-Benutzeroberfläche mitgewirkt und gilt als Garant für Kontinuität.
Tim Cook kommentierte den Wechsel mit einem Statement, das Lemays Qualitäten hervorhebt: „Steve Lemay hat immer außergewöhnlich hohe Standards für Exzellenz gesetzt und verkörpert Apples Kultur der Zusammenarbeit und Kreativität.“ Zwischen den Zeilen lässt sich jedoch die Besorgnis über den Verlust eines weiteren Design-Schwergewichts erahnen – nach dem Abgang von Jony Ive 2019 und Evans Hankey 2022.
Was dieser Transfer für die Tech-Branche bedeutet
Dyes Wechsel ist mehr als ein personeller Austausch – er symbolisiert eine tektonische Verschiebung in der Tech-Landschaft. Meta signalisiert damit seine Entschlossenheit, im hart umkämpften Markt für Spatial Computing und KI-gestützte Wearables aufzuholen und möglicherweise sogar zu überholen.
Gleichzeitig stellt sich die Frage, ob Apple seine jahrzehntelange Design-Dominanz aufrechterhalten kann, nachdem nun ein weiterer Architekt seiner visuellen Identität das Unternehmen verlässt. Der Wettstreit um die besten Köpfe – insbesondere an der Schnittstelle von Design, KI und räumlichem Computing – wird zum entscheidenden Faktor im Silicon Valley.
Designexzellenz als Wettbewerbsvorteil
Der spektakuläre Transfer verdeutlicht einmal mehr: In der Tech-Branche ist herausragendes Design längst kein Nice-to-have mehr, sondern ein geschäftskritischer Erfolgsfaktor. Während Apple jahrelang den Goldstandard für Nutzerfreundlichkeit und ästhetische Exzellenz definierte, zeigt Meta mit dieser Verpflichtung, dass es die Bedeutung von Design als strategisches Differenzierungsmerkmal erkannt hat.
Für die Zukunft der Reality Labs könnte Dyes Expertise der entscheidende Katalysator sein, um die enormen Investitionen in greifbare, massentaugliche Produkte zu verwandeln. Sein Gespür für intuitive Interfaces, die komplexe Technologien zugänglich machen, könnte genau das sein, was Meta braucht, um seine Vision vom Metaverse und KI-gestützten Wearables für die breite Masse zu realisieren.
9to5Mac – Apple design boss Alan Dye departing for Meta
TechCrunch – Meta poaches Apple design exec Alan Dye to lead new creative studio in Reality Labs
Bloomberg – Apple’s Top Designer Alan Dye Poached by Meta in Major Coup
CNBC – Meta’s Reality Labs posts $4.4 billion loss in third quarter
(c) Foto: Apple