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„Code Red“ bei OpenAI: Déjà-vu im Kampf um die KI-Vorherrschaft

Sam Altman, CEO von OpenAI hat den Code Red ausgerufen, um gegen Konkurrent Googles Gemini3 zu bestehen.

Die Geschichte wiederholt sich. Als OpenAI Ende 2022 mit ChatGPT die KI-Revolution auslöste, wirkte Google wie ein schlafender Riese. Doch der Suchmaschinenkonzern hat zurückgeschlagen – und wie. Mit der Veröffentlichung von Gemini 3 hat Google ein KI-Modell präsentiert, das OpenAI erneut unter massiven Druck setzt. Berichten zufolge hat CEO Sam Altman intern erneut „Code Red“ ausgerufen – fast exakt zwei Jahre nach dem ersten Alarm wegen Gemini 1.0.

Der Wettlauf der Giganten: GPT-5.1 gegen Gemini 3

Das Jahr 2025 war das Jahr der Schlagabtausche. OpenAI brachte im August GPT-5 auf den Markt – ein unified System, das automatisch zwischen schnellen Antworten und tiefem Reasoning wechselt. Im November folgte GPT-5.1 mit verbesserter Tonalität und effizienterer Token-Nutzung. Doch keine drei Wochen später konterte Google mit Gemini 3.

Demis Hassabis, CEO von Google DeepMind, bezeichnete Gemini 3 bei der Vorstellung sinngemäß als „das beste Modell der Welt für multimodales Verständnis“ und als „leistungsfähigstes agentisches Coding-Modell“. Die Aussage mag Marketing sein – doch sie trifft einen wunden Punkt bei OpenAI.

Die TPU-Karte: Googles struktureller Vorteil

Was den aktuellen Wettbewerb von früheren Runden unterscheidet, ist Googles Hardware-Vorsprung. Die Trillium-TPU-Chips, die Gemini 3 antreiben, erreichen 512 TOPS (Tera Operations Per Second) – das Vierfache der vorherigen Generation – bei 67% höherer Energieeffizienz. Diese Chips sind ideal für die Video-Modalität in generativer KI optimiert.

Diese Kombination aus Chip-Technologie und Video-Expertise macht Google zum Favoriten für die nächste Phase der KI-Entwicklung: die Generierung und Verarbeitung von Bewegtbild in Echtzeit. YouTube mit seinen 12% Anteil am US-Streaming-Markt – gegenüber Netflix‘ 8% – bietet Google zudem den „Video-Corpus“, der für das Training kommender KI-Modelle entscheidend sein könnte.

OpenAIs Antwort: GPT-5.2 im Eilverfahren

Die Reaktion aus San Francisco ließ nicht lange auf sich warten. Laut The Verge plant OpenAI, GPT-5.2 bereits am 9. Dezember 2025 zu veröffentlichen – früher als ursprünglich geplant. Der beschleunigte Zeitplan ist eine direkte Antwort auf Gemini 3 und Teil der „Code Red“-Mobilisierung.

GPT-5.2 soll laut Quellen „auf Augenhöhe“ mit Googles neuem Modell sein. Ob das reicht, um den Momentum-Verlust aufzufangen, bleibt abzuwarten. OpenAIs Bewertung von 157 Milliarden Dollar (nach der jüngsten Finanzierungsrunde) basiert auf der Annahme technologischer Führerschaft – ein Narrativ, das durch Gemini 3 ins Wanken gerät.

Der Ökosystem-Vorteil: Googles Ass im Ärmel

Google spielt seinen größten strukturellen Vorteil konsequent aus: die Integration in bestehende Produkte. Gemini 3 ist sofort in der Gemini-App verfügbar, die laut Google über 650 Millionen monatlich aktive Nutzer hat. 13 Millionen Softwareentwickler haben das Modell dem Vernehmen nach bereits in ihren Workflow integriert.

Gleichzeitig hat Google mit „Antigravity“ eine agentische Entwicklungsplattform vorgestellt, die direkt mit Gemini 3 verknüpft ist. Sie kombiniert eine KI-gestützte IDE mit Browser- und Terminal-Zugriff – ein direkter Angriff auf Tools wie Cursor und auf OpenAIs wachsendes Entwickler-Ökosystem.

OpenAI bleibt dagegen auf Partnerschaften angewiesen. Die Integration in Microsoft-Produkte – von Copilot bis Azure – ist wertvoll, aber OpenAI kontrolliert den Kundenzugang nicht selbst.

Die dritte Kraft: Anthropic im Schatten der Giganten

Während sich die Aufmerksamkeit auf das Duell OpenAI vs. Google konzentriert, hat Anthropic mit Claude Opus 4.5 und Sonnet 4.5 leise an Boden gewonnen. Das von ehemaligen OpenAI-Mitarbeitern gegründete Unternehmen positioniert sich als Alternative für Nutzer, die Wert auf Sicherheit und Zuverlässigkeit legen.

Die intensive Rivalität zwischen den beiden Marktführern könnte Anthropic in die Rolle des lachenden Dritten bringen – ein Muster, das in Tech-Märkten nicht unüblich ist.

Regulierung und der Preis der Geschwindigkeit

Der verschärfte Wettbewerb findet in einem zunehmend regulierten Umfeld statt. Der EU AI Act ist in Kraft, und sowohl GPT-5 als auch Gemini 3 fallen potenziell in die Kategorie der Hochrisiko-KI-Systeme. Google nimmt sich für Gemini 3 Deep Think – die erweiterte Reasoning-Variante – bewusst mehr Zeit für Sicherheitstests, bevor sie für Google AI Ultra-Abonnenten freigeschaltet wird.

Die Frage ist, ob dieser Sicherheitsfokus unter Wettbewerbsdruck Bestand hat. Die Geschichte der Tech-Industrie zeigt: Wenn Marktanteile auf dem Spiel stehen, werden Timelines komprimiert und Risiken neu bewertet.

Die Lehre: Der Pionier-Vorteil ist fragil

Der erneute „Code Red“ bei OpenAI ist eine Erinnerung an eine fundamentale Wahrheit: In der Technologiebranche ist der First-Mover-Vorteil selten dauerhaft. OpenAI hat mit ChatGPT die Kategorie definiert – doch Google bringt Ressourcen mit, die kein Startup replizieren kann: eigene Chip-Entwicklung, einen der größten Video-Kataloge der Welt, und direkten Zugang zu Milliarden Nutzern.

Der wahre Gewinner wird nicht das Unternehmen mit den besten Benchmarks sein, sondern jenes, das KI-Fähigkeiten am effektivsten in Produkte übersetzt, die echte Probleme lösen. Dieser Wettbewerb hat gerade erst begonnen – und er beschleunigt sich mit jeder Woche.

theinformation.com – OpenAI CEO Declares ‘Code Red’ to Combat Threats to ChatGPT, Delays Ads Effort

blog.google – Introducing Gemini: our largest and most capable AI model

reuters.com – Google launches Gemini 3, embeds AI model into search immediately

arxiv.org – Gemini: A Family of Highly Capable Multimodal Models (Google DeepMind)

techcrunch.com – OpenAI’s GPT-5 is here

theverge.com – OpenAI’s GPT-5.2 ‘code red’ response to Google is coming next week

About the author

Bild von Nico Wirtz

Nico Wirtz

Der gelernte TV-Journalist hat Nachrichten und Dokumentationen gemacht, ebenso wie Talk und Entertainment für ProSieben, Kabeleins und TELE5 - am Ende ist es immer die gute Geschichte, die zählt. Emotionales Storytelling zieht sich durch sein ganzes Leben - ob als Journalist, PR- und Kommunikations-Profi, der für große Marken, wie BOGNER, L'Oréal oder Panthene an Kampagnen mitgewirkt hat, oder hier bei MARES als Chefredakteur.
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