Nico Wirtz

„Don’t Die“! Unsterblichkeit als Business. Bryan Johnsons Milliardengeschäft mit Anti-Aging

Bryan Johnson, Tech-Unternehmer und Multimillionär, verfolgt einen radikal neuen Ansatz im Anti-Aging-Bereich. Mit seinem Projekt „Don’t Die“ investiert er Millionen in die Verlängerung seiner Lebenszeit und hat damit nicht nur die Aufmerksamkeit der Wissenschaftswelt, sondern auch die von Netflix gewonnen. Sein ambitionierter Plan, den Tod zu überlisten, wirft fundamentale Fragen auf: Ist Altern wirklich unvermeidlich? Kann der Tod als technisches Problem gelöst werden?

Das Blueprint-Protokoll: Johnsons radikaler Anti-Aging-Ansatz

Jeden Morgen um 4:00 Uhr beginnt für Bryan Johnson ein streng durchgetakteter Tag. Seine Routine umfasst über 100 Nahrungsergänzungsmittel, verschreibungspflichtige Medikamente und eine penibel zusammengestellte vegane Ernährung. „Wir haben noch nie zuvor gesehen, dass jemand so systematisch und datengetrieben an der Verlangsamung des Alterungsprozesses arbeitet“, erklärt ein Wissenschaftler im Netflix-Dokumentarfilm.

Johnsons „Blueprint-Protokoll“ geht weit über konventionelle Gesundheitsmaßnahmen hinaus. Es beinhaltet experimentelle Therapien wie Genbearbeitung zur Steigerung des Follistatinspiegels um 160% und Stammzelleninjektionen in mehrere Gelenke. Sein Ziel: die biologische Uhr zurückdrehen und Organe auf dem Leistungsniveau eines 18-Jährigen halten.

Longevity-Boom: Der 421-Milliarden-Dollar-Unsterblichkeitsmarkt

Johnsons Selbstexperiment ist mehr als persönliche Obsession – es zeigt euch die Spitze eines 421-Milliarden-Dollar-Marktes, der bis 2030 auf unglaubliche 1,2 Billionen Dollar explodieren soll. In Deutschland allein werden 2024 bereits 8,7 Milliarden Euro mit Longevity-Technologien umgesetzt – eine Steigerung von 340% seit 2020.

Die Chance: Die Longevity-Branche zieht Smart Money wie ein Magnet an. Von Peter Thiel über Jeff Bezos bis Larry Page – die Tech-Elite investiert Milliarden in Biotechnologie, personalisierte Medizin und Wellness-Tech. Produkte wie maßgeschneiderte Nahrungsergänzungsmittel (Marktvolumen: 43 Mrd. $), DNA-Tests für zuhause (6,8 Mrd. $) und KI-gestützte Diagnose-Wearables (81 Mrd. $) finden explosiven Absatz bei wohlhabenden Early Adoptern.

Der Johnson-Effekt monetarisiert: Der Biohacker hat seine Methoden geschickt kommerzialisiert und verkauft Teile seines 2-Millionen-Dollar-Protokolls für 333 Dollar monatlich an über 10.000 Kunden. Rechnung: 40 Millionen Dollar ARR – nur durch systematische Selbstoptimierung.

Warum jetzt einsteigen lohnt: Deutsche Longevity-Startups wie Avea ziehen bereits Series-A-Runden in Millionenhöhe. Der Markt wächst 23% jährlich – schneller als KI oder Krypto in ihren Boom-Phasen.

Visionär oder exzentrischer Millionär?

Die Meinungen zu Johnsons Ansatz gehen stark auseinander. Befürworter sehen in ihm einen Pionier, der den Weg für bahnbrechende Fortschritte ebnet. „Seine umfassenden Datenerhebungen und rigoroses Selbstmonitoring könnten die personalisierte Medizin revolutionieren“, so ein Befürworter im Film.

Kritiker hingegen betonen die enormen finanziellen Ressourcen, die Johnson einsetzt – geschätzt zwei Millionen Dollar jährlich. „Es ist keine Wissenschaft. Es ist nur Aufmerksamkeitshascherei“, lautet ein pointierter Kommentar eines Wissenschaftlers aus der Dokumentation. Die Debatte wirft wichtige Fragen zur Gesundheitsungleichheit auf: Während Johnson experimentelle Behandlungen finanzieren kann, haben Millionen Menschen weltweit keinen Zugang zu grundlegender Gesundheitsversorgung.

Ethische und gesellschaftliche Implikationen

Johnsons Streben nach Langlebigkeit verdeutlicht eine zunehmende Realität: Eine ausgewählte Elite kann sich praktisch „verlängertes Leben erkaufen“, während die breite Bevölkerung mit grundlegenden Gesundheitsproblemen kämpft. Diese Diskrepanz wirft regulatorische Herausforderungen auf und erfordert ethische Leitlinien für den Umgang mit Anti-Aging-Technologien.

Sollten Elemente von Johnsons Blueprint tatsächlich Mainstream werden, könnte dies tiefgreifende Auswirkungen auf Rentensysteme, Arbeitsmärkte und wirtschaftliche Produktivität haben. Die zentrale Frage bleibt: Wie können bahnbrechende Gesundheitsinnovationen gerecht verteilt werden?

Ob Bryan Johnson als visionärer Wegbereiter oder exzentrischer Selbstoptimierer in die Geschichte eingehen wird, bleibt abzuwarten. Sein „Don’t Die“-Projekt zwingt uns jedoch, grundlegende Fragen über Gesundheitsgerechtigkeit, die Kommerzialisierung von Langlebigkeit und die Zukunft der personalisierten Medizin zu stellen – Fragen, die für Unternehmer, Investoren und die Gesellschaft gleichermaßen relevant sind.

Netflix Tudum, „Meet Bryan Johnson, The Man Who Wants to Live Forever“, Januar 2025, https://www.netflix.com/tudum/articles/dont-die-man-who-wants-to-live-forever

Peoples World, „‚Don’t Die‘ Film Review: Age-Obsessed Millionaire Shows Failings of U.S. Healthcare“, Januar 2025, https://peoplesworld.org/article/dont-die-film-review-age-obsessed-millionaire-shows-failings-of-u-s-healthcare/

Bloomberg, Ashlee Vance, „How to Be 18 Years Old Again for Only $2 Million a Year“, Bloomberg’s Berichterstattung über Langlebigkeits- und Anti-Aging-Technologien

Global Longevity Market Analysis 2024: grandviewresearch.com/industry-analysis/longevity-market Deutsche Biotech-Investitionen Studie: biocom.de/marktdaten-longevity-2024 McKinsey Wellness Economy Report: mckinsey.com/wellness-market-trends

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