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Erfolgsfaktor Mut: Gründer ohne Courage haben weniger Chancen

Mut Symbolbild

Ohne Mut kein Erfolg. Diese simple Gleichung gilt besonders im Startup-Ökosystem, wo Risiken und Unsicherheiten zum Tagesgeschäft gehören. Doch was genau bedeutet Mut für Gründer? Es ist weit mehr als ein Bauchgefühl oder blinde Risikobereitschaft. Erfolgreicher unternehmerischer Mut ist die kalkulierte Entscheidung, trotz Angst zu handeln, Komfortzonen zu verlassen und auf dem Weg zum Erfolg immer wieder Hürden zu überwinden. Aktuelle Studien bestätigen: Mutige Gründer überleben länger, skalieren schneller und erhalten bessere Bewertungen. Zeit, diesen entscheidenden Erfolgsfaktor genauer zu beleuchten.

Die Wissenschaft hinter dem Gründermut – was die Forschung zeigt

Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache: Eine aktuelle Studie der Universität St. Gallen belegt, dass 78% der erfolgreichen Startup-Gründer in den ersten drei Geschäftsjahren überdurchschnittliche Risikobereitschaft zeigen. Noch beeindruckender sind die Ergebnisse der MIT-Studie aus dem Jahr 2024: Gründer mit hohem „Courage-Quotient“ haben 2,3-mal höhere Überlebensraten nach fünf Jahren als ihre weniger mutigen Kollegen.

Der entscheidende Unterschied liegt jedoch nicht im blinden Wagemut, sondern im „intelligenten Mut“, wie ihn die Harvard Business Review beschreibt. Dieser zeichnet sich durch durchdachte Risikobewertung und strategische Entscheidungsfindung aus – eine Kombination aus Risikobereitschaft und analytischem Denken. Erfolgreiche Gründer wägen Chancen und Risiken sorgfältig ab, bevor sie den Sprung wagen.

Auch die London Business School kommt zu einem differenzierten Ergebnis: Die erfolgreichsten Gründer zeigen hohen Mut bei gleichzeitig moderater Risikobereitschaft. Sie handeln trotz Angst und Unsicherheit, treffen aber keine leichtsinnigen Entscheidungen aus bloßer Abenteuerlust.

Mutig ist nicht gleich leichtsinnig – die psychologische Unterscheidung

Mut und Risikobereitschaft werden oft verwechselt, doch psychologisch betrachtet liegen Welten zwischen ihnen. Echter unternehmerischer Mut ist die bewusste Entscheidung, trotz erkannter Risiken und damit verbundener Ängste zu handeln – nicht aus Unwissenheit oder Übermut. Es geht um das Überwinden von Hindernissen im vollen Bewusstsein ihrer Existenz, nicht um das blinde Ignorieren von Gefahren. Wahre Gründer-Courage zeigt sich gerade in den Momenten, in denen die Angst am größten ist, aber der Glaube an die eigene Vision überwiegt.

Die vier Gesichter des Gründermuts

Unternehmerischer Mut zeigt sich in verschiedenen Dimensionen, die alle für den Gründungserfolg relevant sind. Die Forbes Coaches Council identifiziert vier Kernbereiche:

Finanzieller Mut manifestiert sich in der Bereitschaft, eigenes Kapital zu investieren oder Kredite aufzunehmen. Ein Paradebeispiel ist Sara Blakely, die Gründerin von Spanx, die ihre gesamten Ersparnisse von 5.000 Dollar in ihre revolutionäre Strumpfhosen-Idee steckte – ohne Sicherheitsnetz und mit vollem Bewusstsein für das finanzielle Risiko.

Karriere-Mut zeigt sich im Verlassen sicherer Anstellungen für die unsichere Selbstständigkeit. Reed Hastings bewies diesen Mut, als er Netflix gründete und später vom profitablen DVD-Versand auf das damals noch unsichere Streaming-Geschäft umstellte.

Innovationsmut beschreibt die Bereitschaft, neue Produkte oder Geschäftsmodelle zu entwickeln, selbst wenn der Markt skeptisch ist. Elon Musk verkörpert diesen Mut mit seinen Investitionen in Tesla und SpaceX – zwei Unternehmen, die 2008 kurz vor der Pleite standen und heute Branchenriesen sind.

Führungsmut zeigt sich in schwierigen Entscheidungen und der Übernahme von Verantwortung. Dieser Mut ist besonders in Krisenzeiten gefragt, wenn unpopuläre Maßnahmen ergriffen werden müssen, um das Unternehmen zu retten.

Deutsche Gründer-Courage – nationale Erfolgsbeispiele

Auch in Deutschland gibt es beeindruckende Beispiele für unternehmerischen Mut. Oliver Samwer, Mitgründer von Rocket Internet, ist bekannt für seine aggressive internationale Expansionsstrategie und die Bereitschaft, hohe Investitionsrisiken einzugehen. Sein Ansatz, erfolgreiche Geschäftsmodelle zu adaptieren und schnell zu skalieren, erfordert enormen Mut – sowohl finanziell als auch strategisch.

Lea-Sophie Cramer bewies besonderen Mut, als sie mit gerade einmal 25 Jahren Amorelie gründete – ein Erotik-Startup in einem damals noch stark tabuisierten Markt. Sie stellte sich nicht nur den geschäftlichen Herausforderungen, sondern auch gesellschaftlichen Vorbehalten und schuf ein heute äußerst erfolgreiches Unternehmen.

Mut in den verschiedenen Gründungsphasen

Jede Phase der Unternehmensentwicklung erfordert eine andere Art von Mut. In der Pre-Seed-Phase braucht ihr den Mut zur ersten Idee und zum Verlassen der Komfortzone. Die Entscheidung, den sicheren Job zu kündigen und alles auf eine Karte zu setzen, fällt in diese kritische Anfangsphase.

In der Seed-Phase ist der Mut zu ersten Investoren-Gesprächen und Produktlaunches gefragt. Hier müsst ihr eure Idee der Welt präsentieren, Kritik aushalten und die ersten Kunden gewinnen – oft mit einem noch unfertigen Produkt.

Die Growth-Phase verlangt Mut zur Skalierung und zu größeren Investitionen. Jetzt geht es darum, das Team zu vergrößern, neue Märkte zu erschließen und möglicherweise weitere Finanzierungsrunden zu durchlaufen. Entscheidungen haben in dieser Phase oft weitreichendere Konsequenzen.

In der Exit-Phase zeigt sich Mut in Verkaufsentscheidungen oder dem Weg zum IPO. Hier müsst ihr möglicherweise loslassen können oder euch den enormen Anforderungen des öffentlichen Marktes stellen – beides erfordert eine besondere Form von Courage.

Der Mut-Vorteil bei Investoren

Mutige Gründer haben einen klaren Vorteil bei der Kapitalbeschaffung. Laut PwC’s Venture Capital Trend Report 2024 bewerten 67% der Venture Capital-Investoren „Founder Courage“ als eines der drei wichtigsten Kriterien bei Investitionsentscheidungen. Noch beeindruckender: Mutige Gründer erhalten durchschnittlich 40% höhere Bewertungen in frühen Finanzierungsrunden.

Der Grund liegt auf der Hand. Investoren suchen nach Gründern, die auch in schwierigen Phasen durchhalten und die nötige Entschlossenheit mitbringen, um Hindernisse zu überwinden. Sie wissen: Ein mutiges Gründerteam wird kreative Lösungen finden, wenn der ursprüngliche Plan nicht funktioniert – eine Eigenschaft, die in der volatilen Startup-Welt Gold wert ist.

Die Geschlechterperspektive – unterschiedliche Mut-Typen

Interessanterweise zeigen sich Geschlechterunterschiede beim unternehmerischen Mut. Laut einer Studie des Babson College gehen weibliche Gründer oft bewusster kalkulierte Risiken ein als ihre männlichen Kollegen. Sie zeigen tendenziell weniger finanziellen Mut, dafür aber mehr sozialen und innovativen Mut.

Diese Unterschiede spiegeln sich auch in den Gründungsansätzen wider. Frauen bauen häufiger bootstrapped Unternehmen auf, die von Anfang an profitabel sind, während männliche Gründer eher bereit sind, mit hohen Verlusten zu starten und auf spätere Skalierung zu setzen. Beide Ansätze können erfolgreich sein – entscheidend ist, den eigenen Mut-Typ zu kennen und strategisch einzusetzen.

Das Diana Project des Babson College hat diese Unterschiede umfassend erforscht und kommt zu dem Schluss, dass diverse Gründerteams mit verschiedenen Mut-Typen oft die besten Ergebnisse erzielen. Sie kombinieren unterschiedliche Risikoansätze und schaffen dadurch besonders widerstandsfähige Unternehmen.

Mut trainieren – so entwickelt ihr eure Gründer-Courage

Gute Nachricht: Mut ist keine angeborene Eigenschaft, sondern kann systematisch entwickelt werden. Die Stanford d.school bietet mit ihrer „Courage Building for Entrepreneurs“ Workshop-Serie konkrete Ansätze, wie Gründer ihre Mut-Muskeln trainieren können.

Ein bewährter Ansatz ist die graduelle Exposition – das schrittweise Steigern von Herausforderungen. Beginnt mit kleineren mutigen Entscheidungen und arbeitet euch zu den großen vor. Jeder erfolgreiche Schritt stärkt euer Selbstvertrauen für den nächsten.

Mentoring spielt ebenfalls eine entscheidende Rolle. Erfahrene Unternehmer als Vorbilder und Berater können euch helfen, eure Ängste zu relativieren und mutige Entscheidungen fundierter zu treffen. Sie haben ähnliche Situationen bereits durchlebt und können wertvolle Perspektiven bieten.

Die Fail-Fast-Mentalität ist ein weiterer Schlüssel zur Mut-Entwicklung. Wenn ihr schnelles Scheitern als Lernmöglichkeit akzeptiert, verliert ihr die Angst vor dem Fehlschlag. Jeder Rückschlag wird zur wertvollen Lektion auf dem Weg zum Erfolg.

Die neuen Mut-Herausforderungen 2025

Die Startup-Landschaft verändert sich rasant, und mit ihr die Anforderungen an unternehmerischen Mut. Die KI-Revolution erfordert neuen Technologie-Adoptionsmut – die Bereitschaft, auf transformative Technologien zu setzen, bevor sie vollständig erprobt sind.

Nachhaltigkeit entwickelt sich zum zentralen Mut-Faktor. Gründer wagen sich zunehmend an schwierige ESG-Themen (Environmental, Social, Governance) heran, die komplexe Lösungen erfordern, aber enormes Potenzial bieten.

Remote-First-Gründungen verlangen Mut zu dezentralen Geschäftsmodellen. Die Pandemie hat gezeigt, dass verteilte Teams funktionieren können – jetzt braucht es mutige Vorreiter, die dieses Modell perfektionieren.

David Cohen von Techstars beschreibt diese Entwicklung treffend: „Die mutigsten Gründer sind heute jene, die nicht nur ein Produkt entwickeln, sondern ganze Industrien neu denken – mit Technologien, die wir gerade erst zu verstehen beginnen.“

Mut messen und entwickeln – wissenschaftliche Ansätze

Kann man Mut messen? Tatsächlich gibt es wissenschaftlich validierte Instrumente wie die Entrepreneurial Courage Scale (ECS), die unternehmerischen Mut in fünf Dimensionen erfasst: physischer, moralischer, intellektueller, emotionaler und sozialer Mut.

Diese Messungen sind nicht nur theoretisch interessant, sondern auch praktisch relevant. Sie helfen euch, eure Mut-Stärken und -Schwächen zu identifizieren und gezielt an eurer Entwicklung zu arbeiten. Besonders das GTEC (German Tech Entrepreneurship Center) hat mit seinem „Courage Coaching Programme“ einen strukturierten Ansatz entwickelt, der deutschen Gründern hilft, ihre Mut-Kompetenz zu stärken.

Der Fokus liegt dabei auf der Überwindung spezifisch deutscher Mut-Barrieren wie Perfektionismus, Angst vor dem Scheitern und übermäßige Planungsfixierung – Faktoren, die Gründer hierzulande oft ausbremsen.

Mutige Visionen, mutige Ergebnisse

Unternehmerischer Mut ist kein Selbstzweck, sondern ein Mittel zum Erfolg. Die erfolgreichsten Gründer verstehen Mut als bewusste Strategie – eine Fähigkeit, die sie kontinuierlich entwickeln und gezielt einsetzen. Sie wissen: Ohne den Mut, die ersten Schritte zu gehen, die ersten Kunden anzusprechen und die ersten Rückschläge zu verkraften, bleibt jede noch so brillante Idee nur eine Idee.

Die Forschung bestätigt, was erfolgreiche Gründer längst wissen: Mut ist der entscheidende Differenzierungsfaktor, der aus vielversprechenden Ideen erfolgreiche Unternehmen macht. Ihr habt es in der Hand, eure Mut-Kompetenz zu entwickeln und strategisch einzusetzen – für den Aufbau von Unternehmen, die nicht nur überleben, sondern gedeihen und inspirieren.

handelsblatt.com – Oliver Samwer – Der Klonkrieger (Christof Kerkmann)

gruenderszene.de – Lea-Sophie Cramer Interview (Alexander Hüsing)

entrepreneur.com – The Courage to Be an Entrepreneur (Jason Feifer)

hbr.org – The Types of Courage Leaders Need (Kathleen Reardon)

unisg.ch – Startup-Erfolg und Risikobereitschaft (Prof. Dr. Dietmar Grichnik)

mitsloan.mit.edu – Study: Courage Key to Startup Survival (Sarah Cliffe)

forbes.com – Four Types Of Courage Every Entrepreneur Needs (Forbes Coaches Council)

spanx.com – Sara Blakely Story

netflix.com – Reed Hastings Netflix History

london.edu – Courage versus Risk-taking in Entrepreneurship (Prof. Rajesh Chandy)

pwc.com – Venture Capital Trend Report 2024

crunchbase.com – Data: The Courage Premium in Startup Valuations (Kyle Stanford)

babson.edu – Diana Project Research (Candida Brush)

techstars.com – Courage in the Age of AI Entrepreneurship (David Cohen)

gemconsortium.org – GEM 2023/2024 Global Report

mckinsey.com – The case for behavioral strategy (McKinsey Quarterly)

stanford.edu – Courage Building for Entrepreneurs

gtec.de – Courage Coaching Programme

About the author

Bild von Alexander Dionisius

Alexander Dionisius

Für Alexander Dionisius ist das Schreiben eine Leidenschaft und so arbeitet er seit über 30 Jahren als Redakteur für unterschiedliche Medien und Onlineportale. Sein Schwerpunkt sind Wirtschaftsthemen mit einem besonderen Blick auf die Start-Up-Szene. Die Ausbildung zum Redakteur absolvierte er an der Deutschen Journalistenschule in München für Hubert Burda Media. 2007 hat er sich als freiberuflicher Redakteur und Kommunikationsberater selbständig gemacht.
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