Mitten im Transformationsprozess des Venture-Capital-Marktes setzt Goldman Sachs ein kraftvolles Zeichen: Mit der Übernahme von Industry Ventures für bis zu 965 Millionen US-Dollar positioniert sich die Investmentbank strategisch im boomenden Sekundärmarkt für VC-Beteiligungen. Der Deal kommt zu einem Zeitpunkt, an dem alternative Exit-Strategien für Start-ups und ihre Investoren immer wichtiger werden – ein klares Signal für tiefgreifende Veränderungen im Venture-Ökosystem.
Der 965-Millionen-Deal im Detail: Zweistufige Übernahme mit Leistungskomponente
Goldman Sachs zahlt für Industry Ventures zunächst 665 Millionen US-Dollar in bar und Eigenkapital beim Abschluss der Transaktion. Zusätzlich winken bis zu 300 Millionen US-Dollar, abhängig von der Performance des Unternehmens bis 2030. Der Abschluss wird für das erste Quartal 2026 erwartet – vorbehaltlich regulatorischer Genehmigungen.
Alle 45 Mitarbeiter von Industry Ventures werden zu Goldman Sachs wechseln, wobei Gründer und CEO Hans Swildens sowie die Senior Managing Directors Justin Burden und Roland Reynolds zu Partnern innerhalb von Goldman Sachs Asset Management aufsteigen. Die personelle Kontinuität unterstreicht den Wert, den Goldman dem Expertenwissen und den Netzwerken des Teams beimisst.
Industry Ventures: Pionier im Sekundärmarkt mit beeindruckender Erfolgsbilanz
Das vor 25 Jahren in San Francisco gegründete Unternehmen verwaltet Vermögenswerte in Höhe von 7 Milliarden US-Dollar und hat sich als Vorreiter im Sekundärmarkt für Venture-Capital-Beteiligungen etabliert. Mit mehr als 1.000 getätigten Investitionen, Beteiligungen an über 700 Venture-Firmen und einer internen Rendite von 18% kann Industry Ventures eine beeindruckende Bilanz vorweisen. Seit der Gründung hat das Unternehmen eine 2,2-fache Kapitalrendite für seine Investoren erzielt – ein Track Record, der den hohen Kaufpreis rechtfertigt.
Strategische Bedeutung für Goldman Sachs‘ Alternative-Investment-Plattform
Die Akquisition stärkt Goldman Sachs‘ 540 Milliarden US-Dollar schwere Alternative-Investment-Plattform, die als wichtiger Wachstumsmotor für die Bank gilt. Industry Ventures wird in die External Investing Group (XIG) integriert, die über 450 Milliarden US-Dollar an verwalteten Vermögenswerten verfügt.
David Solomon, CEO von Goldman Sachs, betont die strategische Bedeutung: „Industry Ventures‘ vertrauensvolle Beziehungen und Venture-Capital-Expertise ergänzen unsere bestehenden Investment-Franchises und erweitern die Möglichkeiten für Kunden, Zugang zu den am schnellsten wachsenden Unternehmen und Sektoren der Welt zu erhalten.“
Die Übernahme erschließt Goldman Sachs neue Möglichkeiten in einem Markt, der gerade durch die Herausforderungen traditioneller Exit-Strategien an Bedeutung gewinnt.
Sekundärmärkte im Höhenflug: Alternative Exits als neue Normalität
Der Deal findet in einem Umfeld statt, in dem der Sekundärmarkt für VC-Beteiligungen geradezu explodiert. 2024 erreichte der Kauf und Verkauf bestehender Anteile an Startups und VC-Fonds 152 Milliarden US-Dollar – ein Anstieg von 39% im Jahresvergleich.
Industry Ventures schätzt, dass der globale Venture-Sekundärmarkt 2025 mit über 120 Milliarden US-Dollar den höchsten jemals erreichten Wert erreichen wird.
Dieser Boom ist kein Zufall: Traditionelle Exit-Wege wie IPOs und M&A sind ins Stocken geraten. Selbst reife Startups finden keinen Weg zur Liquidität. Hans Swildens bringt es auf den Punkt: „Einfach rauszugehen und Unternehmen zu sehen, sie in den Fonds zu stecken und dann auf einen IPO oder strategischen M&A-Exit zu warten, wird wahrscheinlich nicht mehr funktionieren. VCs müssen anfangen, an alternativen Liquiditätslösungen zu arbeiten.“
Tech-Buyout-Fonds machen mittlerweile 25% aller Liquiditätsereignisse aus – ein deutliches Zeichen für die Verschiebung im Markt.
Gewachsenes Vertrauen als Basis für die Übernahme
Die Übernahme basiert auf einer langjährigen Beziehung. Goldman Sachs Asset Management ist seit über zwei Jahrzehnten Limited Partner in Industry Ventures‘ Fonds und bietet seit einem Jahrzehnt Strategien von Industry Ventures seinen Kunden an.
2019 erwarb Petershill Partners, eine Tochtergesellschaft von Goldman Sachs, bereits eine Minderheitsbeteiligung an Industry Ventures – ein Schritt, der die Ausrichtung zwischen den beiden Unternehmen verstärkte und den Weg für die vollständige Übernahme ebnete.
Neue Wege in der Wertschöpfung
Mit der Kombination aus Goldman Sachs‘ globaler Reichweite und Industry Ventures‘ Expertise im VC-Sekundärmarkt entsteht ein mächtiger Player, der die zunehmend komplexen Bedürfnisse von Unternehmern, privaten Technologieunternehmen und Venture-Fund-Managern bedienen kann.
Die Akquisition zeigt eindrucksvoll, wie traditionelle Finanzinstitute und spezialisierte VC-Akteure zusammenwachsen, um neue Wertschöpfungsketten zu erschließen. Für Start-ups und ihre Investoren eröffnen sich dadurch neue Wege zur Liquidität – ein entscheidender Faktor in einem Marktumfeld, in dem traditionelle Exits rar geworden sind.
techcrunch.com – Goldman Sachs is acquiring Industry Ventures for up to $965M as alternative VC exits surge
bloomberg.com – Goldman Buys VC Firm Industry Ventures for Up to $965 Million
goldmansachs.com – Goldman Sachs Announces Acquisition of Industry Ventures
cnbc.com – Goldman Sachs agrees to acquire $7 billion VC firm Industry Ventures