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Hamburgs Milliarden-Wette auf DeepTech: Wie die Hansestadt zum Gründer-Magnet werden will

Hamburgs Milliarden-Wette auf DeepTech: Wie die Hansestadt mit 50 Millionen Euro zur Gründer-Magnet werden will

Hamburg setzt auf die Zukunft – und zwar mit einem 50-Millionen-Euro-Paket für die innovativsten Köpfe der Republik. Die Hansestadt greift nach den Sternen und will sich als zweitgrößter DeepTech-Standort Deutschlands etablieren. Mit der massiven Förderung der EXIST-Startup-Factory entfacht Hamburg einen Wettbewerb um die klügsten Köpfe und disruptivsten Technologien. Was Berlin kann, kann Hamburg schon lange – so das selbstbewusste Signal an die Startup-Szene. Doch was steckt hinter der „Impossible Founders“-Initiative, und wie will Hamburg damit den Anschluss an die Hauptstadt schaffen?

Hamburgs DeepTech-Offensive – 50 Millionen für die Zukunft

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: 50 Millionen Euro fließen über die nächsten fünf Jahre (2024-2029) in die EXIST-Startup-Factory Hamburg. Finanziert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), setzt die Hansestadt damit ein kraftvolles Ausrufezeichen im Wettbewerb um innovative Gründer. Die Technische Universität Hamburg (TUHH) übernimmt dabei gemeinsam mit der Universität Hamburg und der HAW Hamburg die Trägerschaft des Programms.

Was Hamburg von anderen Standorten unterscheidet: Der klare Fokus auf sogenannte „Impossible Founders“ – jene Gründer, die an technologischen Durchbrüchen arbeiten, die auf den ersten Blick unmöglich erscheinen. Hier geht es nicht um die nächste Lieferapp oder ein weiteres Social-Media-Tool, sondern um Quantentechnologie, bahnbrechende Materialwissenschaften oder revolutionäre Biotechnologien.

Die Hansestadt nutzt dabei ihre gewachsenen Stärken. Als traditioneller Hafen- und Handelsstandort verfügt Hamburg über tiefe Expertise in maritimen Technologien, Logistik und als Airbus-Standort auch in der Luftfahrt. Diese Branchen bilden das Fundament, auf dem die DeepTech-Offensive aufbaut.

Was „Impossible Founders“ wirklich bedeutet

Der Begriff „Impossible Founders“ klingt zunächst wie typisches Startup-Marketing-Sprech, doch dahinter verbirgt sich ein präzises Profil: Gemeint sind Gründerteams, die an wissenschaftlich-technischen Durchbrüchen arbeiten, deren Entwicklung lange Zeiträume, erhebliches Kapital und eine hohe Risikobereitschaft erfordert. Diese Startups sind keine schnellen Sprinter, sondern Marathonläufer der Innovationswelt – mit dem Potenzial, ganze Industrien umzukrempeln.

So funktioniert die EXIST-Startup-Factory

Die EXIST-Startup-Factory ist ein neues Förderprogramm des Bundeswirtschaftsministeriums, das gezielt DeepTech-Gründungen aus dem Hochschulumfeld unterstützt. Während klassische Gründerprogramme oft nur die Anfangsphase abdecken, setzt die Factory auf Langfristigkeit.

Für die ausgewählten Startups bedeutet das: Finanzielle Unterstützung von bis zu 3 Millionen Euro über einen Zeitraum von drei Jahren. Diese Summe gibt Gründern die Luft zum Atmen, die sie für komplexe Entwicklungsprozesse benötigen.

Neben dem Kapital erhalten die Teams Zugang zu wissenschaftlicher Infrastruktur wie Laboren und Forschungseinrichtungen – ein entscheidender Vorteil, da viele DeepTech-Startups ohne diese Ressourcen nicht überlebensfähig wären.

Hamburgs Ansatz geht jedoch über reine Finanzierung hinaus. Durch die Einbindung der drei größten Hamburger Hochschulen entsteht ein Wissensnetzwerk, das verschiedene Disziplinen verbindet – von Ingenieurswissenschaften über Informatik bis hin zur Betriebswirtschaft.

Der Kampf um die klügsten Köpfe

Hamburg steht nicht allein im Rennen um die DeepTech-Talente. Berlin hat sich mit über 200 aktiven DeepTech-Unternehmen und Investitionen von mehr als 2 Milliarden Euro (2023) bereits als führender Standort etabliert. München punktet mit Stärken in MedTech und Mobility, während Dresden bei Halbleitern und Mikroelektronik die Nase vorn hat.

Die 50 Millionen Euro für Hamburg sind daher auch als strategischer Zug im bundesweiten Wettbewerb zu verstehen. Die Hansestadt will Talente anziehen, die sonst nach Berlin, München oder ins Ausland abwandern würden. Dabei hilft die hohe Lebensqualität, die Hamburg bieten kann – ein Faktor, der für internationale Experten durchaus entscheidend sein kann.

Hamburgs DeepTech-Schwerpunkte: Wo die Hansestadt punkten will

Die Förderinitiative konzentriert sich nicht zufällig auf bestimmte Technologiefelder. Hamburg setzt auf Bereiche, in denen die Stadt bereits über Expertise und industrielle Basis verfügt.

In maritimen Technologien kann die Hafenstadt natürliche Stärken ausspielen. Mehrere Startups arbeiten bereits an autonomer Schifffahrt und grünen Antriebstechnologien wie Wasserstoff und Elektrifizierung für den Schiffsverkehr. Die Nähe zum Hafen bietet ideale Testbedingungen für diese Innovationen.

Als Airbus-Standort verfügt Hamburg zudem über tiefes Know-how in der Luftfahrt. Entwicklungen im Bereich Urban Air Mobility, also etwa Flugtaxis und Drohnen, sowie Satellitentechnologie bilden weitere Schwerpunkte.

So soll Hamburg zur DeepTech-Hochburg werden

Der Erfolg der Initiative wird sich nicht über Nacht einstellen. Die Verantwortlichen haben einen klaren Zeitplan mit drei Phasen definiert.

Die Jahre 2024-2025 dienen dem Aufbau der grundlegenden Strukturen. In dieser Phase werden die ersten Startup-Kohorten ausgewählt, Mentorennetzwerke etabliert und die Verbindungen zu Investoren geknüpft. Hier geht es darum, das Fundament zu legen.

In der Wachstumsphase 2026-2027 sollen die Programme skaliert werden. Erste erfolgreiche Exits werden erwartet, die als Leuchtturmprojekte dienen und internationale Aufmerksamkeit auf den Standort Hamburg lenken können.

Die Etablierungsphase 2028-2029 soll Hamburg dann fest als anerkannten DeepTech-Standort verankern. Das Ziel: Ein selbsttragendes Startup-Ökosystem, das auch nach Auslaufen der initialen Förderung weiter floriert.

Messbare Ziele: Hamburgs DeepTech-Ambitionen in Zahlen

Das Programm hat sich ambitionierte, aber konkrete Ziele gesetzt. Bis 2029 sollen 100 neue DeepTech-Startups aus der EXIST-Startup-Factory hervorgehen. Diese sollen rund 1.000 neue Arbeitsplätze im hochqualifizierten Technologiebereich schaffen.

Noch wichtiger: Die Initiative soll einen Multiplikatoreffekt erzielen und privates Kapital mobilisieren. Konkret ist das Ziel, rund 500 Millionen Euro an privaten Investitionen für Hamburger DeepTech-Startups zu generieren.

Die Messlatte liegt hoch: Hamburg will die Position als zweitgrößter DeepTech-Standort in Deutschland erreichen – direkt hinter Berlin, aber vor München und anderen Technologiezentren.

Herausforderungen auf dem Weg zur DeepTech-Metropole

Der Weg zum DeepTech-Hotspot ist mit Herausforderungen gepflastert. Der Fachkräftemangel stellt eine der größten Hürden dar. Qualifizierte Entwickler und Ingenieure sind rar und werden von Standorten weltweit umworben. Hamburg muss hier attraktive Angebote schaffen, um im internationalen Wettbewerb zu bestehen.

Eine weitere Hürde ist die berüchtigte Finanzierungslücke, das sogenannte „Valley of Death“. Gerade DeepTech-Startups stehen vor der Herausforderung, die Phase zwischen Forschungsergebnissen und marktreifer Technologie zu überbrücken. Hier fehlt es in Deutschland noch an spezialisierten Investoren, die bereit sind, die nötigen Millionenbeträge bei gleichzeitig hohem Risiko zu investieren.

Der internationale Vergleich: Was Hamburg von globalen DeepTech-Hubs lernen kann

Um erfolgreich zu sein, muss Hamburg nicht das Rad neu erfinden, sondern kann von etablierten DeepTech-Zentren lernen. Boston mit dem MIT und Harvard als Innovationstreiber zeigt, wie entscheidend die enge Verzahnung von Spitzenuniversitäten und Gründerszene ist.

Cambridge in Großbritannien, oft als „Silicon Fen“ bezeichnet, hat vorgemacht, wie eine mittelgroße Stadt zu einem europäischen DeepTech-Zentrum aufsteigen kann – durch konsequente Förderung von Ausgründungen aus der Universität und den Aufbau spezialisierter Innovationscluster.

Tel Aviv wiederum demonstriert, wie ein starkes Netzwerk zwischen Militärtechnologie, Forschung und privatem Kapital ein blühendes Startup-Ökosystem schaffen kann.

Politischer Rückenwind für Hamburgs Tech-Offensive

Der Hamburger Senat unter Wirtschaftssenatorin Dr. Melanie Leonhard (SPD) hat die Positionierung Hamburgs als „Smart City“ und Innovationsstandort zur strategischen Priorität erklärt. Die EXIST-Startup-Factory passt perfekt in diese Agenda.

Die Bundesförderung durch das BMWK zeigt zudem, dass Hamburg auf nationaler Ebene als vielversprechender Standort für DeepTech-Innovationen wahrgenommen wird. Die Initiative ist Teil der größeren nationalen Strategie, Deutschland als führenden DeepTech-Standort in Europa zu etablieren.

Entscheidend wird sein, ob es gelingt, über die initiale Förderperiode hinaus nachhaltige Strukturen zu schaffen. Dafür sind weitere Landesmittel und private Investitionen notwendig.

Die Erfolgsfaktoren: Was Hamburg zum DeepTech-Magneten machen kann

Hamburg bringt einige Trümpfe mit, die den Erfolg der Initiative begünstigen können. Die Kombination aus traditionellen Industriestärken und akademischer Exzellenz bietet einen fruchtbaren Boden für DeepTech-Innovationen. Die Technische Universität Hamburg genießt einen ausgezeichneten Ruf in den Ingenieurswissenschaften, während die Universität Hamburg in Bereichen wie Informatik und Physik führend ist.

Die Lebensqualität in Hamburg – trotz hoher Mietpreise – ist ein weiterer Pluspunkt. Internationale Talente schätzen die Kombination aus urbaner Kultur und Nähe zur Natur, die Hamburg bietet.

Nicht zu unterschätzen ist auch die Rolle der Hamburger Wirtschaft. Mit zahlreichen Hauptsitzen großer Unternehmen verfügt die Stadt über potenzielle Kunden und Partner für DeepTech-Startups direkt vor der Haustür.

Von der Theorie zur Praxis – so profitieren Gründer konkret

Für angehende „Impossible Founders“ bietet die Initiative konkrete Vorteile. Die finanzielle Unterstützung von bis zu 3 Millionen Euro über drei Jahre gibt den nötigen finanziellen Spielraum für langfristige Entwicklungsprozesse. Der Zugang zu wissenschaftlicher Infrastruktur spart erhebliche Investitionskosten für teure Laborausrüstung.

Die Vernetzung mit Industriepartnern und potenziellen Kunden beschleunigt den Weg zur Marktreife. Und nicht zuletzt bietet das Programm Zugang zu spezialisierten Mentoren, die selbst Erfahrung in der Kommerzialisierung komplexer Technologien haben.

Für Gründerteams aus dem Hochschulumfeld ist besonders attraktiv, dass sie den Schritt in die Selbstständigkeit wagen können, ohne sofort den Zugang zu wissenschaftlicher Infrastruktur zu verlieren – oft ein entscheidender Faktor bei der Gründungsentscheidung.

Die Millionen-Wette: Was auf dem Spiel steht

Die 50 Millionen Euro Förderung sind eine Wette auf die Zukunft – mit potenziell hoher Rendite. Erfolgreiche DeepTech-Unternehmen schaffen nicht nur hochqualifizierte Arbeitsplätze, sondern können ganze Industrien transformieren und neue Wertschöpfungsketten etablieren.

Sollte die Initiative scheitern, steht mehr auf dem Spiel als nur die Fördermillionen. Es geht um Hamburgs Position im globalen Wettbewerb der Innovationsstandorte. In einer Zeit, in der Technologieführerschaft über wirtschaftliche Prosperität entscheidet, kann es sich die Hansestadt nicht leisten, den Anschluss zu verlieren.

Die wahre Herausforderung liegt nicht im Aufbau der initialen Strukturen, sondern in der Schaffung eines selbsttragenden Ökosystems, das auch nach Ende der Förderperiode weiter wächst und gedeiht.

Hamburgs Technologie-Zukunft – mehr als nur ein Millionen-Investment

Hamburgs DeepTech-Offensive ist mehr als nur ein weiteres Förderprogramm. Sie markiert einen strategischen Wendepunkt für die Hansestadt, die ihre traditionellen Stärken mit den Technologien der Zukunft verbinden will. Die 50 Millionen Euro sind dabei nur der Katalysator – der eigentliche Wert entsteht durch die Vernetzung von Wissenschaft, Wirtschaft und Gründerszene.

Ob Hamburg tatsächlich zum zweitgrößten DeepTech-Hotspot Deutschlands aufsteigen kann, wird sich in den nächsten Jahren zeigen. Die Weichen sind gestellt, die Mittel bewilligt – jetzt liegt es an den Akteuren vor Ort, aus der Millionen-Wette eine Erfolgsgeschichte zu machen.

Eines ist klar: Im Wettbewerb der Standorte zählen nicht nur finanzielle Mittel, sondern auch Umsetzungsgeschwindigkeit, Vernetzung und die Fähigkeit, internationale Talente anzuziehen. Hamburg hat mit seiner EXIST-Startup-Factory einen mutigen Schritt getan – und die Chancen stehen gut, dass die Hansestadt ihr Ziel erreichen kann.

EXIST – Existenzgründungen aus der Wissenschaft – EXIST-Startup-Factory

NDR – Neue Förderung im Deep-Tech-Bereich in Hamburg

Hamburg Innovation – Startup-Ökosystem Hamburg

Germany Trade & Invest – DeepTech-Startups in Deutschland

(c) Foto: iStock, Adrian Catalin Lazar

About the author

Bild von Alexander Dionisius

Alexander Dionisius

Für Alexander Dionisius ist das Schreiben eine Leidenschaft und so arbeitet er seit über 30 Jahren als Redakteur für unterschiedliche Medien und Onlineportale. Sein Schwerpunkt sind Wirtschaftsthemen mit einem besonderen Blick auf die Start-Up-Szene. Die Ausbildung zum Redakteur absolvierte er an der Deutschen Journalistenschule in München für Hubert Burda Media. 2007 hat er sich als freiberuflicher Redakteur und Kommunikationsberater selbständig gemacht.
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