Während die meisten Unternehmer noch über irdische Expansionspläne nachdenken, blickt Jeff Bezos bereits weit darüber hinaus. Bei der Italian Tech Week 2025 in Turin enthüllte der Amazon-Gründer seine kühne Vision: Bis 2045 werden Millionen Menschen im All leben – nicht aus Notwendigkeit, sondern aus freier Entscheidung. Gleichzeitig sollen Roboter zum Mond pendeln und gigantische Datenzentren die Erdumlaufbahn bevölkern. Ein Zukunftsszenario, das die Grenzen zwischen Science-Fiction und unternehmerischer Vision verschwimmen lässt.
Bezos‘ Weltraum-Vision: Millionen Menschen wählen das Leben im All
„In den nächsten Jahrzehnten werden Millionen Menschen im Weltraum leben“, verkündete Bezos selbstbewusst vor 15.000 Teilnehmern der Italian Tech Week. Der entscheidende Unterschied zu früheren Weltraum-Kolonisierungsplänen: Die Menschen werden nicht dorthin geschickt, sondern freiwillig gehen. „Sie werden dort hauptsächlich leben, weil sie es wollen“, betonte der Milliardär.
Die schwere Arbeit überlassen wir dabei den Maschinen. „Die Robotik wird so fortschrittlich, dass Roboter die schwere Arbeit erledigen werden, während Menschen aus freier Entscheidung ins All gehen“, erklärte Bezos während seines Gesprächs mit John Elkann, dem CEO von Exor und Chairman von Ferrari und Stellantis.
Orbitale Datenzentren: Die nächste Computing-Revolution
Bezos‘ Vision geht weit über Weltraumtourismus hinaus. Er prognostiziert eine fundamentale Verlagerung der digitalen Infrastruktur ins All: „In den nächsten 10 bis 20 Jahren werden wir gigantische Gigawatt-Datenzentren im Weltraum bauen.“ Der Schlüsselvorteil: unbegrenzte, unterbrechungsfreie Sonnenenergie. „Diese riesigen Trainingscluster werden besser im Weltraum gebaut, weil wir dort 24/7 Solarenergie haben. Es gibt keine Wolken, keinen Regen, kein Wetter“, erläuterte er.
Blue Origin: Von der Rakete zum Weltraum-Ökosystem
Während Bezos über die Zukunft spricht, arbeitet sein Raumfahrtunternehmen Blue Origin bereits an den ersten Schritten. Die New Glenn Rakete – benannt nach dem Astronauten John Glenn – bereitet sich auf ihre Premiere vor. Mit einer Höhe von 98 Metern wurde die Erststufe „Never Tell Me the Odds“ kürzlich zur Startrampe am Cape Canaveral transportiert.
Die NASA-Mission EscaPADE zum Mars soll Ende Oktober oder Anfang November 2025 starten und markiert einen Meilenstein für Blue Origin.
Bezos‘ Ansatz unterscheidet sich grundlegend von Elon Musks Mars-Fokus. Während SpaceX auf die Kolonisierung des roten Planeten abzielt, favorisiert Bezos erdumkreisende Strukturen mit erdähnlicher Schwerkraft durch Rotation.
Weltraum-Wirtschaft: Neue Geschäftsmodelle im Orbit
Der wirtschaftliche Aspekt steht bei Bezos‘ Vision klar im Vordergrund. „Wir werden in den nächsten Jahrzehnten in der Lage sein, die Kosten terrestrischer Datenzentren im Weltraum zu unterbieten“, prognostizierte er. Diese Aussage ist bemerkenswert, da die aktuelle Raumfahrt noch immer von extrem hohen Kosten geprägt ist.
Die Herausforderungen sind allerdings beträchtlich. Experten weisen auf das Latenz-Problem hin: Selbst in niedriger Erdumlaufbahn beträgt die Signalverzögerung 20-40 Millisekunden, bei geostationären Satelliten sogar über 600 Millisekunden – ein kritischer Faktor für viele Anwendungen.
Der unermüdliche Visionär
„Ich bin die am wenigsten pensionierte Person der Welt und werde niemals in Rente gehen, weil Arbeit zu viel Spaß macht“, erklärte der 61-jährige Bezos. Seine Leidenschaft gilt heute vor allem Blue Origin und KI-Projekten.
Seit der Gründung von Blue Origin im Jahr 2000 verfolgt Bezos seine Weltraum-Ambitionen mit beachtlicher Konsequenz. Er verkauft jährlich Amazon-Aktien im Wert von etwa einer Milliarde Dollar, um sein Raumfahrtunternehmen zu finanzieren – ein Engagement, das die Ernsthaftigkeit seiner Vision unterstreicht.
Zwischen Blase und Durchbruch: Bezos‘ Sicht auf KI
Interessanterweise zieht Bezos Parallelen zwischen der aktuellen KI-Entwicklung und seiner Weltraum-Vision. „Das ist eine Art industrielle Blase“, sagte er über den KI-Boom, fügte jedoch hinzu: „Das bedeutet nicht, dass das, was passiert, nicht real ist. KI ist real und wird jede Branche verändern.“
Er sieht industrielle Blasen sogar positiv: „Wenn sich der Staub gelegt hat und man sieht, wer die Gewinner sind, profitiert die Gesellschaft von diesen Erfindungen.“
Weltraum-Visionen: Mehr als Science-Fiction
Was vor wenigen Jahren noch nach Science-Fiction klang, nimmt durch Unternehmer wie Bezos konkrete Formen an. Die Weltraum-Ökonomie entwickelt sich zu einem ernstzunehmenden Wirtschaftszweig mit enormem Potenzial.
Für zukunftsorientierte Unternehmer bietet diese Entwicklung faszinierende Perspektiven. Ob Satellitenkommunikation, Weltraumtourismus oder orbitale Fertigung – die Grenzen des Möglichen verschieben sich rasant.
fortune.com – Amazon founder Jeff Bezos says ‚millions of people‘ will be living in space by 2045
theregister.com – Bezos dreams of orbital datacenters powered by the sun
spaceflightnow.com – Blue Origin transports New Glenn booster to launch site ahead of Mars-bound mission
cnbc.com – Jeff Bezos says AI is in an industrial bubble but society will get ‚gigantic‘ benefits from the tech
Photo by Joe Raedle/Getty Images