Die Werbebranche redet viel über künstliche Intelligenz. Doch was passiert wirklich hinter den Kulissen der großen Agenturen? Ein Blick auf die Fakten zeigt: Die Transformation ist real, aber anders als oft behauptet.
Die großen Player investieren massiv
WPP, einer der weltgrößten Werbekonzerne, nimmt KI ernst. Sehr ernst sogar. Das Unternehmen investiert jährlich 250 Millionen Pfund in Daten und Technologie. An der Spitze steht Daniel Hulme als Chief AI Officer – ein echter KI-Experte mit Promotion in dem Bereich, nicht nur ein Marketing-Titel.
„Konzentriert euch nicht auf Definitionen, sondern auf Anwendungen“, sagt Hulme über KI-Agenten. „Das Schlachtfeld ist nicht generischer Content, sondern markenspezifischer, produktionsreifer Content.“ Das klingt weniger spektakulär als manche Branchenberichte, trifft aber den Kern der Sache.
Kleine Agenturen setzen auf clevere Lösungen
Auch kleinere Player wie StackAdapt zeigen, was möglich ist. Yang Han, CTO des Unternehmens, hat mit seinem Team einen KI-Assistenten namens „Ivy“ für programmatische Werbung entwickelt. Das ist kein Science-Fiction, sondern funktioniert bereits in der Praxis.
Was dabei auffällt: Die erfolgreichsten Unternehmen reden weniger über „Revolution“ und mehr über konkrete Lösungen. Sie bauen eigene KI-Systeme, statt nur externe Tools zu nutzen.
Was KI heute wirklich kann
Die Realität ist weniger dramatisch, aber durchaus beeindruckend:
Content-Erstellung läuft teilweise automatisiert. KI-Tools wie ChatGPT oder Gemini produzieren Texte und Ideen – die dann von Menschen verfeinert werden.
Datenanalyse wird deutlich schneller. Was früher Tage dauerte, schaffen KI-Systeme in Stunden. Das ist ein echter Effizienzgewinn.
Personalisierung funktioniert besser. KI kann große Datenmengen verarbeiten und Inhalte für verschiedene Zielgruppen anpassen.
Optimierung läuft nebenbei. Anzeigen werden automatisch getestet und angepasst, ohne dass jemand ständig eingreifen muss.
Die Grenzen sind real
Trotz aller Fortschritte sind vollautomatisierte Kampagnen „von der Idee bis zur Auswertung“ noch Zukunftsmusik. Kreative Konzepte, Markenstrategie und komplexe Kundengespräche brauchen nach wie vor Menschen.
Auch die oft zitierten Erfolgsraten sind mit Vorsicht zu genießen. Ja, KI kann Klickraten verbessern. Aber Zahlen wie „450% höhere Performance“ sollte man hinterfragen – oft fehlen Kontext und Vergleichsdaten.
Der globale Markt wächst stetig
Der KI-Marketing-Markt soll 2024 etwa 36 Milliarden US-Dollar erreichen. Das ist viel Geld und zeigt: Die Technologie etabliert sich. Aber es ist evolutionäres, nicht revolutionäres Wachstum. Viele traditionelle Agenturen integrieren daher KI in bestehende Prozesse, statt komplett neu zu starten. Das ist oft klüger als radikale Umbrüche.
Die erfolgreichsten Unternehmen setzen auf Balance: KI übernimmt Routineaufgaben, Menschen konzentrieren sich auf Strategie und Kreativität. Das funktioniert besser als reine Automatisierung oder komplette KI-Verweigerung. Wichtig ist vor allem, eigene KI-Kompetenz aufzubauen, statt nur externe Tools zu nutzen. Wer nur ChatGPT verwendet, hat keinen Wettbewerbsvorteil. Wer eigene Systeme entwickelt, schon.
Fazit: Evolution, nicht Revolution
KI verändert die Werbebranche – das ist Fakt. Aber es ist eine graduelle Transformation, keine Disruption über Nacht. Die Gewinner sind Unternehmen, die realistisch planen, gezielt investieren und KI als Werkzeug verstehen, nicht als Allheilmittel.
Der Hype um „vollautomatisierte Agenturen“ ist übertrieben. Die Realität von effizienterem Arbeiten und besseren Ergebnissen ist dafür umso wertvoller.
stackadapt.com – How Ad Agencies Can Use AI to Win Clients and Protect Margins (Diego Pineda)
forbes.com – How Generative AI Is Disrupting Today’s Advertising Agency Model (Rafael Schwarz)
trustwebtimes.com – AI Agents. The Agency Business Model for the Next 40 Years (Judy Shapiro)
bcg.com – AI Agents
instreamatic.com – Best AI Marketing Case Studies 2024
forrester.com – The State Of Generative AI Inside US Agencies, 2024