Großbritanniens Krypto-Landschaft steht vor einem entscheidenden Wendepunkt. Obwohl die Financial Conduct Authority (FCA) das Verbot von Krypto-Exchange-Traded Notes (ETNs) für Privatanleger aufgehoben hat, bleibt der tatsächliche Zugang zu regulierten Krypto-Assets vorerst versperrt. Der Grund: Verzögerungen bei der Einrichtung der notwendigen Handelsinfrastruktur. Während die britische Regierung von einer wachsenden Krypto-Adoption im Land profitieren möchte, müssen Kleinanleger weiterhin warten – trotz eines klaren regulatorischen Fahrplans.
Der lange Weg zur Krypto-Freigabe
Die Aufhebung des 2021 eingeführten Verbots für Krypto-ETNs markiert einen Meilenstein in der britischen Finanzregulierung. Ab dem 8. Oktober 2025 sollen Privatanleger erstmals seit Jahren wieder Zugang zu regulierten Krypto-Produkten erhalten. Doch die Umsetzung stockt: Zwischen der FCA und der London Stock Exchange (LSE) laufen noch Diskussionen darüber, ob ein separates Börsensegment für diese Privatanlegerprodukte geschaffen werden muss.
Diese bürokratische Hürde verzögert den tatsächlichen Marktzugang erheblich – sehr zum Unmut der Branche. Führungskräfte aus dem Krypto-Sektor äußern zunehmend Frustration, da viele Investoren bereits in den Startlöchern stehen, um in den digitalen Markt einzusteigen.
Von striktem Verbot zur schrittweisen Öffnung
Der aktuelle Übergang markiert eine 180-Grad-Wende in der britischen Krypto-Politik. Im Januar 2021 hatte die FCA den Verkauf, die Vermarktung und den Vertrieb von Krypto-Derivaten und ETNs an Privatanleger komplett untersagt. Die Begründung damals: „extreme Volatilität“ der digitalen Vermögenspreise, Bedenken wegen Marktmissbrauch und die „inhärente Natur der zugrunde liegenden Vermögenswerte“, die keine verlässliche Bewertungsgrundlage böten.
Der Regulierungs-Fahrplan bis 2026
Die britische Finanzaufsicht hat einen ambitionierten Zeitplan für die vollständige Regulierung des Krypto-Sektors vorgelegt. Bis 2026 soll ein umfassendes Regelwerk in Kraft treten, das Rechtssicherheit für alle Marktteilnehmer schaffen wird.
Der Weg dorthin ist klar strukturiert: Im vierten Quartal 2024 veröffentlicht die FCA ein Diskussionspapier zu Zulassung, Offenlegung und Marktmissbrauch. Anfang 2025 folgen weitere Papiere zu Handelsplattform-Regeln, Intermediation und Staking. Im dritten Quartal 2025 werden dann Konsultationspapiere zu Verhaltens- und Unternehmensstandards sowie zu Zulassungen vorgestellt. Ende 2025 bis Anfang 2026 folgt das finale Material für das aufsichtsrechtliche Regelwerk.
Nach der Veröffentlichung aller Grundsatzerklärungen 2026 erhalten Unternehmen eine Vorbereitungsphase, bevor das Antragsverfahren beginnt und das Regime vollständig in Kraft tritt.
Beschleunigte Genehmigungsprozesse zeigen erste Erfolge
Trotz der Verzögerungen bei ETNs gibt es positive Signale aus dem Regulierungsumfeld. Die FCA hat ihren Überprüfungsprozess deutlich beschleunigt und die Genehmigungszeiten seit April um zwei Drittel verkürzt. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit für Krypto-Anträge sank von 17 Monaten auf etwas über fünf Monate.
Fünf namhafte Unternehmen, darunter Schwergewichte wie BlackRock und Standard Chartered, erhielten bereits Registrierungen. Die Genehmigungsraten stiegen auf 45% – ein deutlicher Anstieg gegenüber den weniger als 15% in den vorangegangenen fünf Jahren.
Interessanterweise ging die Zahl der Anträge dennoch zurück: von 46 im Jahr bis April 2023 auf nur noch 26 im Jahr bis April 2025. Die tatsächlichen Genehmigungen sanken von acht auf drei. Experten vermuten, dass viele Unternehmen auf das vollständige Regelwerk warten, bevor sie den aufwendigen Genehmigungsprozess starten.
Großbritannien im internationalen Wettbewerb
Die britischen Regulierungsbemühungen stehen im Kontext eines globalen Wettbewerbs um Krypto-Talente und -Unternehmen. Während die EU mit MiCA bereits einen umfassenden Regulierungsrahmen implementiert hat, signalisiert die Trump-Administration in den USA eine krypto-freundliche Haltung.
Der FCA-Vorsitzende warnte jedoch bei einer Anhörung vor dem Treasury Select Committee im Dezember 2024 vor einem „Wettlauf nach unten“ mit den USA oder anderen Ländern. Qualität und Anlegerschutz sollen nicht zugunsten einer schnellen Marktöffnung geopfert werden.
Wachsende Adoption treibt Regulierungsdruck
Die zunehmende Verbreitung von Kryptowährungen unter britischen Bürgern verstärkt den Druck auf die Regulierungsbehörden. Laut FCA-Verbraucherforschung besaßen 2024 bereits etwa 12% der britischen Erwachsenen Kryptowährungen – ein deutlicher Anstieg gegenüber 4% im Jahr 2021. Insgesamt haben etwa 2,5 Millionen Briten digitale Vermögenswerte im Portfolio.
Der durchschnittliche Wert der von Briten gehaltenen Krypto-Assets stieg auf £1.842 im August dieses Jahres – ein Plus von 15% gegenüber dem Vorjahr (£1.595).
Klare Spielregeln für mehr Wachstum
Mit der Veröffentlichung von Gesetzesentwürfen für Krypto-Assets am 29. April 2025 hat die britische Regierung einen wichtigen Schritt zur Schaffung von Rechtssicherheit getan. Die neuen Regeln werden Krypto-Börsen, Händler und Agenten in den regulatorischen Rahmen einbeziehen – mit dem erklärten Ziel, gegen unseriöse Akteure vorzugehen und gleichzeitig legitime Innovation zu fördern.
Die Regierung bestätigte am 21. November 2024, dass sie mit der Einführung dieses Regimes fortfahren wird. Dies umfasst die Schaffung neuer regulierter Aktivitäten wie den Betrieb von Krypto-Handelsbörsen und die Ausgabe von Stablecoins sowie Regelungen zu Marktmissbrauch und Offenlegungspflichten.
GOV.UK – New cryptoasset rules to drive growth and protect consumers
CNBC – Britain’s FCA sets out plan to implement crypto regime by 2026
Cryptonews – UK Crypto Ban Lifted, but Retail Investors Still Can’t Buy