Rewe kündigt Payback zum Jahresende, Edeka steigt ein, Fressnapf verabschiedet sich ebenfalls – der deutschen Loyalty-Markt bleibt in Bewegung. Multipartner-Programme oder eigene Kundenbindungslösungen? Welche Strategie verspricht langfristig mehr Erfolg?
Mit 31 Millionen aktiven Kunden und über 700 Partnern ist Payback unangefochten Deutschlands Marktführer bei Bonusprogrammen. Die mobile App nutzen allein 12,5 Millionen Menschen täglich. Doch Rewe – einer der mächtigsten Partner – stiegt zum Jahresende 2024 aus und baut sein eigenes System. Zeitgleich wechselt Edeka von der DeutschlandCard zu Payback – ein Coup, der die Kräfteverhältnisse neu justiert. Für die selbstständigen Edeka-Kaufleute bedeutete dies einen regelrechten Kraftakt: Sie mussten den kompletten Umbau ihrer Bonussysteme stemmen, während Rewe genau den umgekehrten Weg einschlägt.
Eigene App oder Multipartner-Programm – die strategische Gretchenfrage
Für Handelsentscheider ist die Wahl zwischen eigener Loyalty-App und Drittanbieter-Programm längst zur Strategiefrage geworden. Der Grund liegt auf der Hand: Kundendaten sind das neue Gold. Wer ein eigenes Programm betreibt, behält die vollständige Kontrolle über diese Datenschätze – für personalisiertes Marketing, Sortimentssteuerung und Customer Journey-Optimierung ein unschätzbarer Vorteil. Gleichzeitig stärkt eine exklusive App die Marke und ermöglicht eine direkte, unverwässerte Kundenbeziehung. Lionel Souque, Rewe-Chef, betonte bei seiner Ausstiegsankündigung genau diese Aspekte: Die Rewe-App soll künftig das zentrale Kundenbindungsinstrument werden – ohne Umwege über Drittanbieter.
Die Kehrseite der Eigenständigkeit
Der Weg in die Eigenständigkeit hat jedoch seinen Preis. Während Payback & Co. auf jahrelang gewachsene Nutzerbasen von Millionen Kunden zurückgreifen können, müssen Händler mit eigenen Apps bei null anfangen.
Ein weiteres Problem: App-Fatigue. Laut IFH Köln geben 61 Prozent der Nicht-Nutzer an, dass sie zu viele verschiedene Geschäfte aufsuchen, um überall eigene Apps auf ihr Smartphone zu laden. 58 Prozent beklagen, die generell zu hohe App-Anzahl.
Auch die Kosten sind nicht zu unterschätzen. Während bei Multipartner-Programmen die Entwicklungs- und Betriebskosten auf viele Schultern verteilt werden, muss ein Unternehmen mit eigener App sämtliche Ausgaben für Entwicklung, Marketing und laufenden Betrieb allein stemmen.
Und die Kundenperspektive? Für zwei Drittel der Nicht-Nutzer sind die zu geringen Vorteile (67%) und Datenschutzbedenken (66%) die Hauptgründe gegen die App-Nutzung.
Was Kunden wirklich wollen – und was das für Marken bedeutet
Die Erwartungen der Verbraucher sind eindeutig: 77 Prozent wollen vor allem Punkte sammeln, 75 Prozent Rabatte und Gutscheine einlösen. Exklusive Angebote (38%) oder digitale Belege (28%) spielen eine deutlich untergeordnete Rolle. Finanzielle Vorteile bleiben also der zentrale Motivator.
Für Marken bedeutet dies: Der Erfolg einer Loyalty-App steht und fällt mit dem konkreten monetären Nutzen. Komplizierte Bedienung, unübersichtliche Strukturen oder zu geringe Vorteile führen schnell zur Deinstallation.
Der Loyalty-Management-Markt wächst dennoch weiter. Technologisch steht die KI-Integration im Fokus, Loyality Apps werden sich dahin entwickeln, KI zur Steigerung der Kundenloyalität einzusetzen.
Für Marken, die vor der Entscheidung stehen, gilt: Die Wahl zwischen eigener App und Multipartner-Programm ist keine Glaubensfrage, sondern eine strategische Entscheidung, die von Unternehmensgröße, Zielgruppe und Ressourcen abhängt. Große Handelskonzerne mit Millionen von Kunden können den Aufwand einer eigenen App stemmen und von der exklusiven Datennutzung profitieren. Für kleinere Player bleiben Multipartner-Programme oft die effizientere Lösung.
Datenhoheit als Game-Changer
Der eigentliche Treiber hinter dem aktuellen Umbruch ist die wachsende Bedeutung der Datenhoheit. Wer die Kundendaten kontrolliert, bestimmt das Spiel – und genau diese Kontrolle wollen sich Handelsriesen wie Rewe nicht mehr aus der Hand nehmen lassen.
Gleichzeitig zeigt die Praxis, dass der tatsächliche monetäre Vorteil für Kunden bei Multipartner-Programmen oft überschaubar bleibt. Eine Auswertung von 3,5 Millionen Kassenbons ergab, dass Kunden durch händlerübergreifende Programme durchschnittlich nur 0,11 Prozent sparen – ein Wert, den eigene Apps durchaus übertreffen können.
lebensmittelpraxis.de – Boni, Punkte, Preisvorteile – Umbau der Treueprogramme
businessinsider.de – Payback-Aus von Rewe: Das bringen Treue-Apps im Supermarkt wirklich
ifhkoeln.de – Loyalty-Apps: Mehr als nur ein Hype, aber kein Allheilmittel
hi-heute.de – Loyalty-Apps bei Kunden immer beliebter