Der Berliner Neobroker Trade Republic schreibt Fintech-Geschichte: Mit einer neuen Bewertung von 12,5 Milliarden Euro übernimmt das Unternehmen den Spitzenplatz als wertvollstes deutsches Startup und verdrängt den KI-Rüstungsspezialisten Helsing von der Pole Position. Besonders bemerkenswert: Zwei europäische Milliardärsfamilien – die Arnaults (LVMH) und die Agnellis (Ferrari, Stellantis) – steigen bei der 1,2-Milliarden-Euro-Transaktion ein und unterstreichen damit das enorme Potenzial des Finanzdienstleisters.
Der Neobroker im Visier der Superreichen
In einer beeindruckenden Secondary-Transaktion haben bestehende Geldgeber wie Founders Fund, Sequoia, Accel, TCV und Thrive Capital ihre Anteile ausgebaut. Peter Thiels Founders Fund führte die Runde an, während sich gleichzeitig namhafte institutionelle Investoren wie Wellington Management, der Singapurer Staatsfonds GIC und Fidelity neu engagierten.
Besonders aufschlussreich ist der Einstieg zweier Familienimperien: Die Arnaults, bekannt durch den Luxusgüterkonzern LVMH und ein Vermögen von über 180 Milliarden Dollar, beteiligen sich über ihre Investmentfirma Aglaé Ventures. Parallel dazu investiert die italienische Agnelli-Familie, Eigentümer von Ferrari und Stellantis, durch ihren Vermögensverwalter Lingotto Innovation. Dass diese Familiendynastien, die sonst eher in traditionelle Branchen investieren, nun auf einen Fintech-Disruptor setzen, spricht Bände über die Zukunftsaussichten des Unternehmens.
Vom Underdog zum Marktführer
Die Erfolgsgeschichte von Trade Republic liest sich wie ein Lehrbuch für digitale Transformation im Finanzsektor. Gegründet 2015 in München unter dem Namen Neon Trading, hat das Unternehmen innerhalb weniger Jahre den europäischen Markt für Privatanleger revolutioniert. Der Weg zum Erfolg war jedoch alles andere als vorgezeichnet – Mitgründer Christian Hecker berichtet, dass sie anfangs rund 200 potenzielle Investoren trafen, ohne einen einzigen Euro einzusammeln. Heute verwaltet das Unternehmen rund 150 Milliarden Euro für mehr als zehn Millionen Kunden, wobei 70 Prozent davon Erstinvestoren am Kapitalmarkt sind. Mit einem Jahresumsatz von 340 Millionen Euro und einem Gewinn von 34,8 Millionen Euro beweist Trade Republic, dass Fintechs nicht nur wachsen, sondern auch profitabel sein können.
Strategische Weichenstellung für die Zukunft
Die aktuelle Transaktion bringt dem Unternehmen selbst kein frisches Kapital – was es auch nicht benötigt, da es seit drei Jahren profitabel arbeitet. Stattdessen ermöglicht der Deal Frühphaseninvestoren einen teilweisen Exit und verschafft dem Unternehmen mehr Flexibilität für die Zukunftsplanung.
Mit der Ende 2023 erhaltenen Vollbanklizenz hat Trade Republic sein Angebot deutlich erweitert und bietet neben dem Wertpapierhandel inzwischen auch Girokonten und eine Bezahlkarte an.
Das durchschnittliche Alter der Kunden liegt bei 32 Jahren – ein klares Zeichen, dass der Neobroker besonders die jüngere Generation für Kapitalmarktinvestments begeistern kann.
Mitgründer Christian Hecker betont, dass der „kulturelle Wandel hin zum privaten Investieren am Kapitalmarkt in Europa erst am Anfang steht“ und positioniert sein Unternehmen als Antwort auf die wachsende Rentenlücke.
Deutschlands Startup-Landschaft im Wandel
Der Führungswechsel an der Spitze der deutschen Startup-Szene markiert einen interessanten Trend: Während Helsing mit seiner KI-Technologie für den Verteidigungssektor im Juni 2024 noch mit 12 Milliarden Euro bewertet wurde, zeigt die höhere Bewertung von Trade Republic, dass der Finanzsektor weiterhin enorme Wachstumschancen bietet.
Bemerkenswert ist auch die geografische Verschiebung in der deutschen Startup-Landschaft. Berlin, lange Zeit unangefochtene Hauptstadt der deutschen Gründerszene, musste 2024 den Staffelstab an Bayern übergeben. Jungunternehmen aus dem Freistaat sammelten 2,3 Milliarden Euro ein – mehr als ihre Berliner Pendants mit 2,2 Milliarden Euro.
Zwischen Finanzrevolution und Herausforderungen
Der Erfolg von Trade Republic ist umso bemerkenswerter angesichts bevorstehender regulatorischer Änderungen. Ab 2026 tritt in der EU das Verbot des sogenannten „Payment for Order Flow“ in Kraft – ein Geschäftsmodell, das bisher rund ein Drittel der Einnahmen des Neobrokersausmacht.
Dass Trade Republic trotz dieser Herausforderung eine Rekord-Bewertung erzielt, unterstreicht das Vertrauen der Investoren in die Anpassungsfähigkeit und das Zukunftspotenzial des Unternehmens.
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