Im Zentrum der Medienbranche bahnt sich eine historische Übernahme an: Netflix will Warner Bros. für 82,7 Milliarden Dollar kaufen und damit zum dominierenden Streaming-Giganten aufsteigen. Was als gewöhnliche Übernahme begann, entwickelt sich jedoch zunehmend zum politischen Machtkampf. Donald Trump hat das Geschäft persönlich ins Visier genommen und könnte mit seiner Entscheidung die Zukunft der globalen Unterhaltungsindustrie maßgeblich beeinflussen.
Sarandos vermeintliche Nähe zu Trump
Netflix Co-CEO Ted Sarandos hat offenbar frühzeitig erkannt, dass der Mega-Deal politische Unterstützung braucht. Mitte November traf er sich persönlich mit Präsident Trump im Oval Office – ein Treffen, das über eine Stunde dauerte. Offiziell sollte es um „bundesweite Filmsteueranreize“ gehen, doch wie Bloomberg berichtet, drehte sich ein Großteil des Gesprächs um die geplante Warner-Übernahme.
Bemerkenswert ist, dass Sarandos bereits Ende 2024 in Trumps Ferienresidenz Mar-a-Lago zu Gast war – ein früher Hinweis darauf, dass der Netflix-Chef systematisch eine Beziehung zum Präsidenten aufbaute. Mit dieser Strategie schien Sarandos zunächst Erfolg zu haben: Er verließ das Weiße Haus laut Insidern mit dem „Eindruck“, dass der Streaming-Riese „keinen sofortigen Widerstand aus dem Weißen Haus“ gegen sein Warner-Gebot erfahren würde.
Trumps überraschende Kehrtwende: „Das könnte ein Problem sein“
Nur wenige Tage nach Bekanntwerden des Deals folgte jedoch die Ernüchterung. Bei einem Auftritt auf dem roten Teppich der Kennedy Center Awards äußerte Trump überraschend deutliche Vorbehalte: „Sie haben einen sehr großen Marktanteil. Wenn sie Warner Bros. haben, steigt dieser Anteil stark an.“ Der Präsident kündigte an, er werde „einige Ökonomen“ konsultieren und persönlich an der Entscheidung beteiligt sein – eine ungewöhnliche Einmischung, da sich Präsidenten historisch selten direkt in Kartellgenehmigungen einschalten.
Politische Front gegen den Streaming-Giganten
Hinter den Kulissen formiert sich massiver Widerstand. Ein hochrangiger Beamter der Trump-Administration berichtete CNBC, dass der Deal im Weißen Haus mit „schwerer Skepsis“ betrachtet wird. Auch die demokratische Senatorin Elizabeth Warren, eine bekannte Kartellrechtshawkin, bezeichnet die Fusion als „Anti-Monopol-Albtraum“ und warnt vor höheren Preisen und weniger Wahlmöglichkeiten für Verbraucher.
Besonders brisant: Warren griff Trump direkt an und behauptete, unter seiner Führung sei der Kartellprüfungsprozess „zu einer Kloake politischer Bevorzugung und Korruption geworden“. Sie forderte das Justizministerium auf, die Prüfung „fair und transparent“ durchzuführen.
Auch die Writers Guild of America (WGA) positioniert sich klar gegen den Deal und fordert: „Diese Fusion muss blockiert werden.“ Die Gewerkschaft befürchtet Jobverluste, Lohndruck und eine Reduzierung der Inhaltevielfalt.
Der Deal und seine Hürden: Ein riskantes Spiel
Netflix steht vor enormen regulatorischen Hürden. Neben der US-Kartellbehörde wird auch die Europäische Kommission den Deal prüfen müssen. Als Zeichen seines Vertrauens in die Genehmigung hat Netflix einer Auflösungsgebühr von 5,8 Milliarden Dollar zugestimmt, falls die Transaktion an regulatorischen Hürden scheitert.
Trotz dieser finanziellen Absicherung bleibt die politische Dimension des Deals seine größte Unbekannte. Obwohl Netflix und Warner Bros. keine Rundfunkstationen besitzen – was eine FCC-Genehmigung überflüssig macht – könnte Trumps persönliches Eingreifen den gesamten Prozess auf den Kopf stellen.
Wenn der Deal kippt: Gewinnt Trumps Verbündeter?
Was passiert, wenn Trump den Netflix-Deal unter kartellrechtlichen Vorwänden blockiert? Paramount hatte bereits ein Gebot von 30 Dollar pro Aktie abgegeben – komplett in bar – und konnte sich in dem Gerangel um den Deal nicht durchsetzen. Doch durch eine Blockade könnte Paramount-Boss David Ellison durch die Hintertür doch noch zum Zug kommen. Trump bezeichnete die Ellisons öffentlich als „Freunde“ und „große Unterstützer“ und fügte hinzu: „Sie werden das Richtige tun.“ Berater von Paramount Skydance prahlten intern bereits, Ellison sei „der einzige Käufer, der bei den Trump-Regulierern durchkommen würde.“
Der entscheidende Unterschied: Während Netflix nur Studios und Streaming erwirbt, wollte Paramount das gesamte Unternehmen kaufen – inklusive CNN. Der Nachrichtensender, der neben MSNBC als einer der letzten mit kritischer Trump-Berichterstattung gilt, würde damit unter das Dach desselben Konzerns fallen, der bereits CBS News kontrolliert und dort mit Bari Weiss eine Trump-freundliche Führung installiert hat. Senator Elizabeth Warren warnt: „Ein einziges Riesenunternehmen könnte bald fast alles kontrollieren, was man im Fernsehen sieht.“ Die Parallelen zu Orbáns Ungarn, wo regierungsnahe Oligarchen laut Reporter ohne Grenzen rund 80 Prozent der Medien kontrollieren, drängen sich auf.
Medienmacht im Zeitalter politischer Einflussnahme
Der Fall Netflix/Warner zeigt exemplarisch, wie wirtschaftliche Megadeals im heutigen Washington funktionieren: Persönliche Beziehungen zum Präsidenten, strategische Treffen im Oval Office und politische Allianzen spielen eine ebenso wichtige Rolle wie wirtschaftliche Kennzahlen und Marktanteile.
Für die Streaming-Branche steht nichts weniger als ihre zukünftige Struktur auf dem Spiel. Sollte der Deal genehmigt werden, würde Netflix zum unangefochtenen Marktführer mit einem gewaltigen Content-Imperium aufsteigen – von Harry Potter bis Game of Thrones.
nbcnews.com – Trump says Netflix-Warner Bros. deal could be a ‚problem‘ and he will be involved in approval
bloomberg.com – Netflix Co-CEO Ted Sarandos Wooed Trump Personally Ahead of Warner Bid
variety.com – Netflix Chief Ted Sarandos Scored White House Meeting With Trump Ahead of Warner Bros. Deal
foxbusiness.com – Trump administration views Netflix-Warner Bros. deal with ’skepticism‘
Photo by Andrew Harnik/Getty Images