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OpenAI und die 96-Milliarden-Dollar-Schulden: Wird der KI-Boom wirklich zur tickenden Zeitbombe für die Finanzmärkte?

Sam Altman ist CEO von OpenAI.

Der KI-Boom hat eine Schattenseite entwickelt, die zunehmend bedrohliche Ausmaße annimmt. Partner von OpenAI haben mittlerweile Schulden in Höhe von 96 Milliarden Dollar angehäuft, um das verlustreiche KI-Unternehmen mit Rechenzentren, Chips und Rechenleistung zu versorgen. Diese enorme Verschuldung wirft ein Schlaglicht auf die fragile Finanzstruktur hinter dem scheinbar unaufhaltsamen KI-Aufschwung – und könnte zum Auslöser einer finanziellen Kettenreaktion werden.

Die 96-Milliarden-Dollar-Schuldenpyramide

Die Zahlen sind beeindruckend: 30 Milliarden Dollar wurden bereits von SoftBank, Oracle und CoreWeave geliehen, weitere 28 Milliarden durch Blue Owl Capital und Crusoe aufgenommen. Zusätzlich stehen 38 Milliarden Dollar in Gesprächen mit Oracle, Vantage und deren Banken zur Verfügung. Diese Summen addieren sich zur alarmierenden Gesamtverschuldung von 96 Milliarden Dollar – Geld, das in den Ausbau der KI-Infrastruktur fließt.

Doch das ist nur die Spitze des Eisbergs. Die fünf großen Hyperscaler – Amazon, Google, Meta, Microsoft und Oracle – haben in diesem Jahr weitere 121 Milliarden Dollar an neuen Schulden aufgenommen, um ihre KI-Operationen zu finanzieren. Das ist mehr als das Vierfache des durchschnittlichen Schuldenniveaus (28 Milliarden Dollar), das diese Unternehmen in den vergangenen fünf Jahren ausgegeben haben.

Diese Entwicklung markiert einen fundamentalen Wandel in der Finanzierung des KI-Booms. Während zuvor die meisten KI-Investitionen direkt aus den Bargeldreserven der Tech-Giganten flossen, verlagert sich die Last nun zunehmend auf die Kreditmärkte – mit potenziell weitreichenden Folgen für die Finanzstabilität.

CoreWeave als Warnsignal

Das Beispiel CoreWeave verdeutlicht die prekäre Situation. Das Unternehmen, ein wichtiger Infrastrukturpartner für OpenAI, sitzt auf einem Berg von Verbindlichkeiten: 9,7 Milliarden Dollar an Rechnungen, die in den nächsten 12 Monaten fällig werden, und insgesamt 14 Milliarden Dollar an kurz- und langfristigen Schulden. Hinzu kommen 39,1 Milliarden Dollar an zukünftigen Leasingvereinbarungen für Rechenzentren. Dem gegenüber steht ein erwarteter Jahresumsatz von lediglich 5 Milliarden Dollar. Obwohl CoreWeave seinen Quartalsumsatz im Jahresvergleich auf 1,4 Milliarden Dollar fast verdreifachen konnte, schrieb das Unternehmen weiterhin rote Zahlen – ein Nettoverlust von 110 Millionen Dollar im dritten Quartal 2025. Die Kreditmarktsignale sind entsprechend alarmierend: CoreWeaves Credit Default Swaps stiegen seit September um etwa 280 Basispunkte auf rund 640 Basispunkte.

OpenAIs eigene finanzielle Abwärtsspirale

Der Kern des Problems liegt bei OpenAI selbst, dem Treiber dieser Schuldenexplosion. Trotz seiner hohen Bewertung und beeindruckenden Wachstums kämpft das Unternehmen mit enormen Verlusten: 5 Milliarden Dollar im Jahr 2024 bei 3,7 Milliarden Dollar Umsatz.

Die Prognosen für 2025 sind noch düsterer: OpenAI rechnet damit, in diesem Jahr etwa 9 Milliarden Dollar zu verbrennen – bei einem Umsatz von 13 Milliarden Dollar. Das bedeutet eine Cash-Burn-Rate von etwa 70% des Umsatzes. Anders ausgedrückt: OpenAI gibt etwa 1,69 Dollar für jeden Dollar aus, den es einnimmt.

Bis 2028 sollen die operativen Verluste auf etwa drei Viertel der Umsätze dieses Jahres ansteigen, hauptsächlich getrieben durch explodierende Ausgaben für Rechenleistung. Die Gesamtverluste von 2023 bis 2028 werden voraussichtlich 44 Milliarden Dollar erreichen.

Die 207-Milliarden-Dollar-Finanzierungslücke

Besonders alarmierend ist eine aktuelle HSBC-Analyse: Selbst bis 2030 wird OpenAIs kumulativer freier Cashflow voraussichtlich negativ bleiben. Dies hinterlässt eine Finanzierungslücke von 207 Milliarden Dollar, die durch zusätzliche Schulden, Eigenkapital oder aggressivere Umsatzgenerierung gefüllt werden müsste.

Diese Prognose berücksichtigt bereits die jüngsten mehrjährigen Verpflichtungen für Cloud-Computing, einschließlich eines 250-Milliarden-Dollar-Abkommens mit Microsoft und eines 38-Milliarden-Dollar-Deals mit Amazon. Allein die kumulativen Mietkosten für Rechenzentrumskapazitäten werden bis 2030 auf 792 Milliarden Dollar geschätzt.

Der Kipppunkt des KI-Finanzierungsmodells

Die aktuelle Entwicklung zeigt deutlich: Das Finanzierungsmodell des KI-Booms steht an einem Kipppunkt. Deutsche Bank-Analyst Jim Reid bemerkte, dass dies eine neue Phase markiert, in der Investoren zunehmend versuchen, ihr Risiko abzusichern.

Die Auswirkungen auf die Kreditmärkte sind bereits spürbar. Bank of America-Analysten Yuri Seliger und Sohyun Marie Lee verzeichnen etwa 50 Milliarden Dollar neue Schulden allein in einer Woche und etwa 220 Milliarden Dollar über die vorherigen vier Wochen – etwa 70% mehr als das typische Volumen für diese Jahreszeit.

Oracles fünfjähriger Credit Default Swap weitete sich um etwa 60 Basispunkte auf 104 Basispunkte seit Ende September aus – ein klares Zeichen für die wachsende Nervosität der Märkte.

Zwischen Hype und harter Landung

Der KI-Boom hat eine gefährliche Finanzierungsblase geschaffen, die auf einem fragilen Fundament aus Schulden und Verlustgeschäften steht. Die Parallelen zur Dotcom-Blase der späten 1990er Jahre werden immer offensichtlicher: Massive Investitionen in eine vielversprechende Technologie, die jedoch noch weit davon entfernt ist, nachhaltige Gewinne zu erzielen.

Die entscheidende Frage für die kommenden Jahre: Kann die KI-Industrie schnell genug profitabel werden, um die angehäuften Schuldenberge zu rechtfertigen? Oder erleben wir den Aufbau einer Spekulationsblase, deren Platzen weitreichende Folgen für die globalen Finanzmärkte haben könnte?

fortune.com – OpenAI’s partners are carrying $96 billion in debt

fortune.com – OpenAI won’t make money by 2030 and still needs to come up with another $207 billion

fortune.com – CoreWeave earnings: Data-center operator posts $56 billion in contracted future revenue

About the author

Bild von Nico Wirtz

Nico Wirtz

Der gelernte TV-Journalist hat Nachrichten und Dokumentationen gemacht, ebenso wie Talk und Entertainment für ProSieben, Kabeleins und TELE5 - am Ende ist es immer die gute Geschichte, die zählt. Emotionales Storytelling zieht sich durch sein ganzes Leben - ob als Journalist, PR- und Kommunikations-Profi, der für große Marken, wie BOGNER, L'Oréal oder Panthene an Kampagnen mitgewirkt hat, oder hier bei MARES als Chefredakteur.
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