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Stoke Space, SpaceX & Co: Warum die Zukunft der Raumfahrt fest in der Hand der Verteidigung ist

Gegründet 2019 von den ehemaligen Blue Origin-Ingenieuren Andy Lapsa und Tom Feldman, hat sich Stoke Space in Rekordzeit zu einem ernstzunehmenden Player in der Raumfahrtbranche entwickelt. Das Unternehmen mit Sitz in Kent, Washington, verfolgt eine klare Mission: die Entwicklung vollständig wiederverwendbarer Raketen für häufige, kostengünstige Raumfahrtmissionen.

Die Raumfahrtindustrie durchlebt einen fundamentalen Wandel – weg von staatlich dominierten Programmen, hin zu agilen Privatunternehmen mit revolutionären Technologien. Doch während der kommerzielle Weltraumsektor boomt, zeichnet sich ein klarer Trend ab: Die wahren Wachstumstreiber sind nicht mehr Tourismus oder Satellitenkommunikation, sondern Verteidigungsaufträge und nationale Sicherheitsinteressen. Der jüngste Finanzierungserfolg von Stoke Space illustriert diesen Trend eindrucksvoll und verdeutlicht, warum die Zukunft der privaten Raumfahrt untrennbar mit dem Verteidigungssektor verbunden ist.

Stoke Space: Der neue Stern am Raumfahrthimmel

Gegründet 2019 von den ehemaligen Blue Origin-Ingenieuren Andy Lapsa und Tom Feldman, hat sich Stoke Space in Rekordzeit zu einem ernstzunehmenden Player in der Raumfahrtbranche entwickelt. Das Unternehmen mit Sitz in Kent, Washington, verfolgt eine klare Mission: die Entwicklung vollständig wiederverwendbarer Raketen für häufige, kostengünstige Raumfahrtmissionen.

Mit ihrer „Nova“-Rakete setzt Stoke Space auf ein zweistufiges System, das nicht nur die erste Stufe wie SpaceX‘ Falcon 9 vertikal landen lässt, sondern auch die zweite Stufe vollständig wiederverwendbar macht – ein technologischer Durchbruch, der selbst Branchenriesen bisher nicht gelungen ist. Die einzigartige Kombination aus Aerospike-Triebwerken und aktiver Kühlung für die zweite Stufe ermöglicht eine Rückführung mit Hitzeschild zur Erde – eine Technologie, die weltweit ihresgleichen sucht.

Im September 2024 sicherte sich das Unternehmen eine beeindruckende Series-B-Finanzierung in Höhe von 100 Millionen Dollar, angeführt von Industrious Ventures und Point72 Ventures. Mit weiteren Investoren wie Toyota Ventures, AE Industrial Partners und Spark Capital beläuft sich die Gesamtfinanzierung auf über 175 Millionen Dollar – ein deutliches Vertrauensvotum für die ambitionierte Vision des Unternehmens.

Der Verteidigungssektor als Wachstumsmotor

Die Erfolgsgeschichte von Stoke Space ist kein Einzelfall, sondern Teil eines branchenweiten Trends. Während kommerzielle Anwendungen wie Satellitenkommunikation und Weltraumtourismus lange Zeit als Haupttreiber der privaten Raumfahrt galten, hat sich das Blatt gewendet. Heute fließen rund 60 Prozent aller Raumfahrtinvestitionen in verteidigungsrelevante Unternehmen – ein klares Zeichen für die wachsende Bedeutung des Weltraums als strategische Domäne. Von den insgesamt 8,9 Milliarden Dollar, die 2024 in Space-Startups investiert wurden, entfällt der Löwenanteil auf Firmen mit direktem oder indirektem Bezug zur nationalen Sicherheit. Besonders bemerkenswert: Das Wachstum bei dual-use Technologien – also Systemen, die sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden können – liegt mit 45 Prozent deutlich über dem Branchendurchschnitt.

Space Force als Innovationstreiber

Die 2019 gegründete U.S. Space Force hat sich schnell zu einem der wichtigsten Auftraggeber für innovative Raumfahrtunternehmen entwickelt. Stoke Space profitiert direkt von dieser Entwicklung: 2023 erhielt das Unternehmen einen millionenschweren Vertrag im Rahmen des „Rocket Systems Launch Program“ (RSLP), der die Entwicklung von Technologien für nationale Sicherheitsmissionen fördert.

General John Raymond, ehemaliger Chief der Space Force, betont die strategische Bedeutung solcher Partnerschaften: „Wiederverwendbare Raketen sind entscheidend für die Aufrechterhaltung der amerikanischen Weltraumüberlegenheit. Unternehmen wie Stoke Space sind strategische Assets.“ Diese Aussage unterstreicht, wie eng verknüpft die Interessen der Verteidigungsbehörden mit den technologischen Innovationen privater Raumfahrtunternehmen inzwischen sind.

Für die Space Force bieten Unternehmen wie Stoke Space drei entscheidende Vorteile: schnelle Reaktionsfähigkeit für militärische Satellitenstarts, signifikante Kostenreduktion für Verteidigungsmissionen und Unabhängigkeit von ausländischen Startanbietern – ein Faktor, der angesichts geopolitischer Spannungen zunehmend an Bedeutung gewinnt.

SpaceX als Vorreiter des Verteidigungsgeschäfts

Elon Musks SpaceX hat den Weg für die Verschmelzung von privater Raumfahrt und Verteidigungsaufträgen geebnet. Das Unternehmen sicherte sich 2024 einen 1,8-Milliarden-Dollar-Vertrag mit dem Pentagon für Starlink-Satellitendienste – der größte Verteidigungsauftrag in der Firmengeschichte.

Dieser Deal markiert einen Wendepunkt: Was als rein kommerzielles Satellitennetzwerk für globalen Internetzugang begann, hat sich zu einer kritischen Infrastruktur für militärische Kommunikation entwickelt. Die Erfahrungen aus dem Ukraine-Konflikt, wo Starlink-Terminals entscheidend für die Aufrechterhaltung von Kommunikationsverbindungen waren, haben die militärische Bedeutung privater Weltrauminfrastruktur eindrucksvoll demonstriert.

SpaceX‘ Erfolg im Verteidigungssektor hat einen Präzedenzfall geschaffen, dem andere Unternehmen wie Rocket Lab mit ihrer Electron-Rakete oder Relativity Space mit 3D-gedruckten Trägerraketen nacheifern. Der Trend ist eindeutig: Wer im Raumfahrtsektor nachhaltig wachsen will, kommt an Verteidigungsaufträgen nicht vorbei.

Geopolitische Faktoren als Katalysator

Die zunehmende Verflechtung von privater Raumfahrt und Verteidigung wird durch geopolitische Entwicklungen zusätzlich beschleunigt. Chinas rasanter Ausbau militärischer Weltraumfähigkeiten hat in Washington alle Alarmglocken läuten lassen. Die US-Regierung priorisiert daher heimische Raumfahrtunternehmen und hat die Exportrestriktionen für Raumfahrttechnologie deutlich verschärft.

Der Russland-Ukraine-Konflikt wirkt als weiterer Katalysator. Die jahrzehntelange Abhängigkeit von russischen Sojus-Raketen für bestimmte Missionen endete abrupt mit den Sanktionen gegen Moskau. Die Folge: eine verstärkte Nachfrage nach US-amerikanischen Startkapazitäten und ein klares Bekenntnis zur Förderung heimischer Anbieter.

Diese geopolitischen Spannungen haben die strategische Bedeutung des Weltraums für nationale Sicherheitsinteressen in den Fokus gerückt. Chad Anderson von Space Capital bringt es auf den Punkt: „2024 markiert einen Wendepunkt – Verteidigungsanwendungen treiben jetzt die Raumfahrtinnovation voran, nicht mehr rein kommerzielle Anwendungen.“

Marktpotenzial und Wachstumsprognosen

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Der globale Markt für Raketenstarts beläuft sich 2024 auf 14,8 Milliarden Dollar, wovon 4,2 Milliarden Dollar auf den militärischen Sektor entfallen. Analysten prognostizieren ein jährliches Wachstum von 15 Prozent bis 2030 – deutlich über dem Wachstum vieler anderer Industriezweige.

Stoke Space hat sich mit seiner aktuellen Bewertung von 1,5 Milliarden Dollar nach der Series-B-Runde bereits als Unicorn etabliert. Zum Vergleich: SpaceX wird mit 180 Milliarden Dollar bewertet, Rocket Lab mit 4,1 Milliarden Dollar. Angesichts des technologischen Vorsprungs bei der vollständigen Wiederverwendbarkeit beider Raketenstufen hat Stoke Space das Potenzial, seinen Marktwert in den kommenden Jahren deutlich zu steigern.

Andy Lapsa, CEO von Stoke Space, formuliert die Vision seines Unternehmens so: „Unser Ziel ist es, den Zugang zum Weltraum so routinemäßig zu machen wie kommerzielle Luftfahrt. Die Unterstützung durch Verteidigungskunden zeigt das Vertrauen in unsere Technologie.“ Diese Ambition deckt sich perfekt mit den Bedürfnissen der Verteidigungsbehörden nach zuverlässigen, kostengünstigen und flexiblen Startsystemen.

Technologische Meilensteine auf dem Weg zum Erfolg

Der Entwicklungsfahrplan von Stoke Space ist ambitioniert, aber strukturiert. 2023 gelangen bereits erfolgreiche Tests der zweiten Stufe mit dem sogenannten Hopper-Fahrzeug – ein entscheidender Schritt zum Nachweis der Wiederverwendbarkeit. Für 2024 sind erste integrierte Systemtests geplant, gefolgt vom ersten Orbitalflug im Jahr 2025. Ab 2026 sollen kommerzielle Missionen starten.

Besonders beeindruckend sind die langfristigen Kapazitätsziele: Bis 2030 will Stoke Space 100 Starts pro Jahr durchführen können – eine Frequenz, die selbst etablierte Anbieter derzeit nicht erreichen. Für die Umsetzung dieser Vision plant das Unternehmen eine neue Produktionsstätte in Washington und die Schaffung von 500 neuen Arbeitsplätzen bis 2026.

Die technologischen Alleinstellungsmerkmale von Stoke Space – insbesondere die wiederverwendbare zweite Stufe – adressieren genau jene Anforderungen, die für Verteidigungsmissionen entscheidend sind: schnelle Einsatzbereitschaft, Flexibilität bei Missionsänderungen und signifikante Kostenreduktion durch Wiederverwendbarkeit.

Die Dual-Use-Strategie als Erfolgsmodell

Der Schlüssel zum nachhaltigen Erfolg für Unternehmen wie Stoke Space, SpaceX und Rocket Lab liegt in ihrer Dual-Use-Strategie: Die Entwicklung von Technologien, die sowohl kommerziellen als auch militärischen Zwecken dienen können. Diese Herangehensweise maximiert das potenzielle Kundenspektrum und minimiert die Abhängigkeit von einzelnen Marktsegmenten.

Für Stoke Space bedeutet dies, dass die Nova-Rakete sowohl Kommunikationssatelliten für private Unternehmen als auch Aufklärungssatelliten für Verteidigungsbehörden ins All bringen kann. Die technischen Anforderungen überschneiden sich in vielen Bereichen: hohe Zuverlässigkeit, Präzision beim Einschuss in die Zielumlaufbahn und schnelle Einsatzbereitschaft.

Diese Strategie zahlt sich auch finanziell aus. Während rein kommerzielle Raumfahrtunternehmen oft mit Margendrück und intensivem Wettbewerb kämpfen, bieten Verteidigungsaufträge in der Regel höhere Margen und langfristige Planungssicherheit. Die Kombination aus kommerziellen und militärischen Kunden schafft ein stabiles Fundament für nachhaltiges Wachstum.

Ausblick: Die Raumfahrtlandschaft von morgen

Die Entwicklung ist eindeutig: Der Weltraum wird zunehmend zu einer umkämpften Domain, in der nationale Sicherheitsinteressen und kommerzielle Ambitionen Hand in Hand gehen. Unternehmen wie Stoke Space, die innovative Technologien entwickeln und dabei sowohl zivile als auch militärische Anwendungen im Blick haben, sind optimal positioniert, um von diesem Trend zu profitieren.

In den kommenden Jahren werden wir eine weitere Konsolidierung des Marktes erleben. Nicht jedes der derzeit über 100 Raketenstart-Unternehmen weltweit wird überleben. Entscheidend für den Erfolg wird sein, wer es schafft, Partnerschaften mit Verteidigungsbehörden aufzubauen und gleichzeitig technologische Innovationen voranzutreiben.

Die Zukunft gehört Unternehmen, die verstanden haben, dass der Weg zum kommerziellen Erfolg in der Raumfahrt über Verteidigungsaufträge führt. Stoke Space mit seiner 100-Millionen-Dollar-Finanzierungsrunde und seiner einzigartigen Technologie hat alle Voraussetzungen, um zu diesen Gewinnern zu gehören.

Der Weltraum als strategisches Schlachtfeld des 21. Jahrhunderts

Die wachsende Bedeutung des Weltraums für die nationale Sicherheit spiegelt einen fundamentalen Wandel im strategischen Denken wider. Satelliten sind längst nicht mehr nur passive Beobachtungs- und Kommunikationssysteme, sondern kritische Infrastruktur für moderne Kriegsführung, Aufklärung und Abschreckung.

Diese Entwicklung hat direkte Auswirkungen auf die Investitionsströme in der Raumfahrtindustrie. Venture-Capital-Firmen und Private-Equity-Gesellschaften, die früher vor den langen Entwicklungszyklen und regulatorischen Hürden der Raumfahrt zurückschreckten, sehen nun in Verteidigungsaufträgen einen klaren Weg zur Monetarisierung ihrer Investments. Die stabile Finanzierung durch öffentliche Aufträge reduziert das Risiko und macht Raumfahrtunternehmen zu attraktiven Investitionszielen.

Für Unternehmen wie Stoke Space bedeutet dies einen doppelten Vorteil: Einerseits erleichtert die Aussicht auf Verteidigungsaufträge die Kapitalbeschaffung, andererseits bieten diese Aufträge selbst eine solide finanzielle Basis für die weitere technologische Entwicklung. Es entsteht ein sich selbst verstärkender Kreislauf aus Innovation, Investition und Wachstum.

Zwischen Sternen und Sicherheit: Die neue Raumfahrt-Realität

Die Verflechtung von privater Raumfahrt und Verteidigung markiert einen historischen Wendepunkt. Was mit der Vision einzelner Unternehmer begann, den Zugang zum Weltraum zu demokratisieren und kommerzielle Möglichkeiten zu erschließen, hat sich zu einer strategischen Partnerschaft zwischen Industrie und Verteidigungssektor entwickelt.

Diese Transformation bringt Chancen und Herausforderungen. Die massive Finanzierung durch Verteidigungsbudgets beschleunigt die technologische Innovation und senkt die Kosten für den Zugang zum All – ein Vorteil für alle Nutzer der Raumfahrt. Gleichzeitig wirft die zunehmende Militarisierung des Weltraums Fragen zur langfristigen Nachhaltigkeit und internationalen Zusammenarbeit auf.

Für Unternehmen wie Stoke Space gilt es, diesen Balanceakt zu meistern: die Vorteile der Verteidigungspartnerschaften zu nutzen, ohne die Vision eines offenen, zugänglichen Weltraums aus den Augen zu verlieren. Die erfolgreichen Player der Zukunft werden jene sein, die militärische und zivile Anwendungen nicht als Gegensätze, sondern als komplementäre Elemente einer umfassenden Raumfahrtstrategie begreifen.

stokespace.com – About Us

techcrunch.com – Stoke Space raises $100M Series B to build fully reusable rocket (Andrew J. Hawkins)

spacenews.com – Stoke Space wins Space Force contract for reusable rocket development (Sandra Erwin)

defensenews.com – Space Force bets on reusable rockets for future missions (Courtney Albon)

spacecapital.com – Q3 2024 Space Investment Report (Chad Anderson)

reuters.com – SpaceX wins $1.8 billion Pentagon contract for satellite services (Joey Roulette)

mordorintelligence.com – Space Launch Services Market Report 2024 (Research Team)

pitchbook.com – Stoke Space valuation reaches $1.5B in latest funding (Kyle Stanford)

About the author

Bild von Nico Wirtz

Nico Wirtz

Der gelernte TV-Journalist hat Nachrichten und Dokumentationen gemacht, ebenso wie Talk und Entertainment für ProSieben, Kabeleins und TELE5 - am Ende ist es immer die gute Geschichte, die zählt. Emotionales Storytelling zieht sich durch sein ganzes Leben - ob als Journalist, PR- und Kommunikations-Profi, der für große Marken, wie BOGNER, L'Oréal oder Panthene an Kampagnen mitgewirkt hat, oder hier bei MARES als Chefredakteur.
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