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Wirtschaft in Deutschland: Wir sollten die Dinge mal wieder weniger pessimistisch betrachten.

Stimmung kontra Fakten

„Die Mehrheit der Deutschen blickt pessimistisch in die wirtschaftliche Zukunft.“ – so oder ähnlich lauten wieder die Schlagzeilen in dieser Woche. Laut Trendbarometer von n-tv, RTL und Forsa (aktuelle Woche) erwarten 60 % eine Verschlechterung der Lage, nur 16 % glauben an eine Verbesserung. Und auch das Vertrauen in Kanzler Friedrich Merz sinkt: Nur noch ein Fünftel der Bürger ist überzeugt, dass er sich ausreichend um die Lösung der Probleme kümmert.

Es klingt nach einem Land am Rande des wirtschaftlichen Niedergangs. Doch stimmt das wirklich? Oder erleben wir hier ein Beispiel dafür, dass gefühlte Wahrheit und ökonomische Realität auseinanderfallen? Nicht nur als Journalist lohnt sich der genauere Blick auf die Zahlen. Denn während die Stimmung ein düsteres Bild zeichnet, sprechen viele Kennzahlen für das Gegenteil: Deutschland steht zwar vor großen Herausforderungen – aber es geht uns deutlich besser, als die Schlagzeilen vermuten lassen.

Wahrnehmung vs. Realität – warum Umfragen trügen können

Zunächst ein wichtiger Punkt: Umfragen messen keine Fakten, sondern Stimmungen. Sie zeigen, wie Menschen die Lage einschätzen – nicht, wie die ökonomischen Indikatoren tatsächlich stehen.

Psychologische Effekte

Menschen reagieren stärker auf negative Nachrichten. Steigende Preise, geopolitische Konflikte, Debatten über Deindustrialisierung – all das brennt sich in die Wahrnehmung ein. Positive Entwicklungen wie steigende Löhne oder Exporterfolge werden dagegen kaum wahrgenommen.

Mediale Verzerrung

Die Medienlogik verstärkt diesen Effekt: Krisen und Konflikte verkaufen sich besser als Erfolgsmeldungen. So entsteht ein Nachrichtenbild, in dem das Glas stets halb leer wirkt.

German Angst

Besonders in Deutschland kommt die sprichwörtliche „German Angst“ hinzu: eine kulturell verankerte Skepsis gegenüber Veränderung, Risiken und Zukunft. Studien zeigen, dass Deutsche Krisen im internationalen Vergleich besonders stark antizipieren – selbst dann, wenn die objektive Lage stabil bleibt.

Fazit: Die gefühlte Wirtschaftskrise entsteht zu einem guten Teil durch Wahrnehmungsverzerrung.

Wirtschaftswachstum: Von der Stagnation zur Stabilität

Schauen wir auf die nackten Zahlen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) gilt als zentrale Kennziffer für die wirtschaftliche Entwicklung.

  • BIP 2024: Laut Statistischem Bundesamt stagnierte die deutsche Wirtschaft, aber ein tiefer Einbruch blieb aus.
  • Prognosen 2025: Für 2025 rechnen die Institute nur mit sehr schwachem Wachstum: ifo +0,2 %, RWI +0,2 %; eine spürbarere Erholung wird erst 2026 erwartet. Damit liegt Deutschland zwar unter früheren Boomjahren. Eine Rezession, die häufig herbeigebetet wird, ist das nicht.
  • Langfristige Stärke: Im Vergleich zu vielen europäischen Partnern zeigt sich Deutschland stabiler – Länder wie Italien oder Frankreich kämpfen mit strukturell höherer Arbeitslosigkeit und geringerer Innovationskraft.

Hier zeigt sich: Die deutsche Wirtschaft ist nicht im Niedergang, sondern in einer Phase der Anpassung.

Arbeitsmarkt: Rekordbeschäftigung trotz Krise

Ein weiterer, oft unterschätzter Indikator ist der Arbeitsmarkt.

  • Beschäftigung: Noch nie waren so viele Menschen in Deutschland erwerbstätig wie 2024/2025 – rund 46 Millionen.
  • Arbeitslosenquote: Mit ca. 6,3% (August 2025) bleibt sie im historischen Vergleich niedrig.
  • Fachkräftemangel: Viele Branchen suchen händeringend Mitarbeiter – ein Indiz dafür, dass die Wirtschaft nicht schrumpft, sondern eher wächst und sich wandelt.

Während in den 1990er- und frühen 2000er-Jahren Massenarbeitslosigkeit Schlagzeilen dominierte, ist die Lage heute das Gegenteil: Wir diskutieren eher über fehlende Fachkräfte als über fehlende Jobs.

Inflation: Der Schock ebbt ab

Die Inflation der letzten Jahre hat die Stimmung besonders geprägt. Doch ein genauer Blick zeigt:

  • Höhepunkt überwunden: 2022/2023 lagen die Teuerungsraten bei über 10 %. Im August 2025 lag die Teuerung bei 2,2%.
  • Reallöhne steigen wieder: in 2024 um +3,1%. Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst, in der Metall- und Elektroindustrie oder im Einzelhandel gleichen nicht nur die Preissteigerungen aus, sondern bringen reale Zuwächse.
  • EZB-Politik wirkt: Die straffere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank dämpft die Inflation und stabilisiert die Erwartungen.

Das bedeutet: Die Kaufkraft vieler Haushalte erholt sich wieder – eine wichtige Basis für Konsum und Wachstum.

Innovation und Transformation: Zukunftsbranchen im Aufschwung

Ein gern unterschätzter Aspekt ist die Transformation der deutschen Wirtschaft.

  • Energiewende: Deutschland hat sich zur führenden Nation bei erneuerbaren Energien entwickelt. 2024 stammten bereits über 62 % des Stroms aus Solar- und Windkraft. Im 1. Halbjahr 2025 sank der Anteil am Stromverbrauch wetterbedingt auf 54,5 %
  • Digitalisierung & KI: Unternehmen investieren massiv in Künstliche Intelligenz, Automatisierung und digitale Geschäftsmodelle. Besonders die Start-up-Szene in Berlin, München und Hamburg zählt zu den stärksten in Europa.
  • Grüne Technologien: Von Wasserstoff über Batterieforschung bis zur Kreislaufwirtschaft – hier entstehen Märkte mit globalem Potenzial.

Statt Niedergang sehen wir also eine ökonomische Neuausrichtung, die mittelfristig neue Wachstumsfelder erschließt.

Internationale Perspektive: Deutschland bleibt Schwergewicht

Pessimismus wirkt oft wie eine Lupe, die nur auf die eigenen Probleme schaut. Doch ein Blick über die Grenzen relativiert vieles:

  • USA: Trotz Wachstum kämpft das Land mit extremer Staatsverschuldung und politischer Polarisierung.
  • Frankreich & Italien: Arbeitslosigkeit und geringe Produktivität sind strukturell höher als in Deutschland.
  • China: Immobilienkrise und demografischer Wandel setzen die Volkswirtschaft unter Druck.

Im Vergleich dazu bleibt Deutschland eine der stabilsten Volkswirtschaften weltweit, mit hoher Kreditwürdigkeit, soliden Institutionen und exzellentem Ruf bei Investoren.

Politik und Vertrauen: Warum Friedrich Merz im Fokus steht

74% der Befragten wünschen sich, dass Bundeskanzler Friedrich Merz mehr für die Wirtschaft tut. Dieses Ergebnis ist weniger ein ökonomischer Befund als ein kommunikatives Problem.

  • Reformen brauchen Zeit: Steuerliche Entlastungen, Investitionsförderung oder Bürokratieabbau entfalten ihre Wirkung erst mittelfristig.
  • Kommunikation entscheidend: Wenn Erfolge nicht sichtbar gemacht werden, entsteht der Eindruck des Stillstands.
  • Politische Lager: Viele Menschen bewerten wirtschaftspolitische Kompetenz aus parteipolitischer Brille – was das Umfragebild verzerrt.

Kurz: Die Kritik an Merz sagt mehr über das Vertrauen in die Politik aus als über den tatsächlichen Zustand der Wirtschaft.

Der gefährliche Effekt des Dauerpessimismus

Auch wenn die Fakten stabil sind, hat Stimmung ökonomische Folgen:

  • Konsum: Wer Angst hat, spart – und schwächt damit das Wachstum.
  • Investitionen: Unternehmen zögern bei Innovationen, wenn sie das Gefühl haben, dass Politik und Bevölkerung nicht hinter ihnen stehen.
  • Standortimage: Dauerpessimismus schwächt die Attraktivität für internationale Investoren.

Hier liegt die eigentliche Gefahr: Nicht die ökonomischen Fakten, sondern die negative Erwartungshaltung könnte die Wirtschaft tatsächlich belasten.

Fazit: Deutschland steht besser da, als es scheint

Die Umfrage zeigt: Die Mehrheit der Menschen blickt skeptisch in die Zukunft. Doch dieser Pessimismus spiegelt nicht die ökonomische Realität wider.

  • Das BIP ist stabil und wächst leicht.
  • Der Arbeitsmarkt ist so stark wie nie.
  • Die Inflation ist unter Kontrolle, Reallöhne steigen wieder.
  • Zukunftsbranchen eröffnen neue Chancen.
  • Im internationalen Vergleich bleibt Deutschland eine Top-Adresse.

Wer also nur auf die Stimmung blickt, sieht ein verzerrtes Bild. Wer die Fakten betrachtet, erkennt: Deutschland steht nicht am Abgrund – sondern auf einem soliden Fundament.

Was bedeutet das für Dich?

  • Gelassen bleiben: Lass Dich nicht von Schlagzeilen verunsichern – die Daten zeigen mehr Stabilität, als man denkt.
  • Chancen nutzen: Ob Energiewende oder Digitalisierung – gerade jetzt entstehen neue Märkte und Karrieren.
  • Vergleich wagen: Im internationalen Umfeld zeigt sich, dass Deutschland weiterhin zu den stabilsten Ökonomien gehört.

Die Daten zur Frage „Kümmert sich Friedrich Merz ausreichend um die wirtschaftlichen Probleme im Land?“ wurden am 5. und 8. September 2025 von Forsa erhoben. Datenbasis: 1.009 Befragte. Statistische Fehlertoleranz: +/- 3 Prozentpunkte.
https://www.ntv.de/politik/Wirtschaftliche-Lage-weiter-im-Fokus-Pessimismus-bei-Mehrheit-ueberwiegt-article24984573.html
https://www.destatis.de/
https://www.ifo.de/
https://www.bundesbank.de/
https://ec.europa.eu/eurostat
https://www.oecd.org/
https://www.imf.org/

About the author

Bild von Nico Wirtz

Nico Wirtz

Der gelernte TV-Journalist hat Nachrichten und Dokumentationen gemacht, ebenso wie Talk und Entertainment für ProSieben, Kabeleins und TELE5 - am Ende ist es immer die gute Geschichte, die zählt. Emotionales Storytelling zieht sich durch sein ganzes Leben - ob als Journalist, PR- und Kommunikations-Profi, der für große Marken, wie BOGNER, L'Oréal oder Panthene an Kampagnen mitgewirkt hat, oder hier bei MARES als Chefredakteur.
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