[ccpw id="4879"]

World (ex-Worldcoin): Die Milliardenwette auf die globale Super App – zwischen biometrischer Revolution und Datenschutz-Alarm

Sam Altman ist CEO von OpenAI.

Die Welt der Super-Apps bekommt einen neuen, gewichtigen Spieler: World. Das von OpenAI-Chef Sam Altman vorangetriebene Projekt hat sich von „Worldcoin“ zu „World“ umbenannt und positioniert sich als die erste globale Super-App, die auf biometrischer Identifizierung basiert. Mit über 20 Millionen Nutzern und einem ehrgeizigen Ziel von einer Milliarde gescannten Menschen setzt World auf eine Kombination aus Krypto-Zahlungen, verschlüsselter Kommunikation und einem Mini-App-Ökosystem – alles abgesichert durch die umstrittene Iris-Scan-Technologie.

Vom Krypto-Projekt zur digitalen Identitätsplattform

Im Oktober 2024 stellte World die Version 3.0 seiner App vor und läutete damit eine neue Ära ein. Statt nur eine Krypto-Wallet zu sein, entwickelt sich die Plattform zu einem umfassenden digitalen Ökosystem. Das Herzstück bildet nach wie vor die biometrische Verifizierung: Mit dem sogenannten „Orb“ – einem futuristischen Scan-Gerät – werden Iris-Muster erfasst und in einen einzigartigen digitalen Code umgewandelt.

Dieser „World ID“ genannte Code dient als unverwechselbarer digitaler Ausweis. Laut Unternehmensangaben bietet die Iris mehr Zufälligkeit und Komplexität als Fingerabdrücke oder Gesichtsmerkmale und ist weniger anfällig für Veränderungen. Nach der Erfassung werden die Daten verschlüsselt, an das Smartphone des Nutzers gesendet und angeblich vom Orb-Gerät gelöscht.

Die Wachstumszahlen sind beeindruckend: Alle 1,7 Sekunden meldet sich ein neuer Nutzer an, alle 3,6 Sekunden verifiziert sich jemand an einem Orb. Bis Februar 2025 waren bereits 25 Millionen Menschen Teil des World-Netzwerks.

Das Mini-Apps-Ökosystem als Wachstumsturbo

Der wahre Gamechanger im World-Universum sind die sogenannten Mini Apps – eine Plattform, die es Drittanbietern ermöglicht, ihre Anwendungen direkt in der World App laufen zu lassen. Diese können sich nahtlos mit World ID, Wallet und Kontakten integrieren. Die Nutzerzahlen sprechen für sich: Bis Januar 2025 verzeichneten die Mini Apps bis zu 5,4 Millionen Öffnungen täglich von über einer Million einzigartigen Nutzern. Insgesamt wurden in etwas mehr als einem Jahr zwei Milliarden Mini-App-Öffnungen registriert. Um das Entwickler-Ökosystem weiter anzukurbeln, hat World ein Developer Rewards-Programm ins Leben gerufen, das ab April 2025 qualifizierende Entwickler monatlich belohnt – basierend darauf, wie viele verifizierte Menschen ihre Anwendungen nutzen.

Finanzsystem mit Proof-of-Human-Vorteil

Die finanzielle Komponente der World App geht weit über einfache Krypto-Transaktionen hinaus. Mit der neuen Earn-Funktion können Nutzer berechtigte Assets in ein Earn-Guthaben verschieben und attraktive Renditen erzielen. Verifizierte Menschen – also jene, die den Iris-Scan durchlaufen haben – erhalten derzeit über 15% APY auf ihre ersten 1.000 USD in USDC und sogar 18% APY auf ihre ersten 1.000 WLD.

Diese überdurchschnittlichen Renditen sind nur möglich, weil World durch sein biometrisches System Mehrfachkonto-Missbrauch effektiv unterbinden kann. Neben dem Earn-Feature haben Nutzer Zugriff auf mehr als 100 unterstützte Assets, können diese tauschen und handeln. Im September 2025 wurde die World App zur meistgenutzten Self-Custody-Digital-Wallet weltweit nach monatlich aktiven Nutzern.

Besonders innovativ: Im Mai 2025 startete World seine US-Operationen und kündigte ein Debitkarten-Projekt mit Visa an – ein weiterer Schritt in Richtung Massentauglichkeit.

Datenschutz als Achillesferse

Die größte Herausforderung für World bleibt der Datenschutz. In mehreren Ländern wurden die Aktivitäten bereits eingeschränkt oder ganz untersagt. Die deutsche Datenschutzbehörde BayLDA kam nach monatelanger Untersuchung zu dem Schluss, dass Worlds Identifizierungsverfahren „eine Reihe grundlegender Datenschutzrisiken“ mit sich bringt und nicht DSGVO-konform ist. World musste seine Iris-Scanning-Operationen in Deutschland vorübergehend pausieren.

Ähnliche Maßnahmen wurden in Spanien, Portugal, auf den Philippinen, in Kenia und Indonesien ergriffen. World reagiert auf diese Herausforderungen mit technologischen Innovationen wie SMPC (Secure Multi-Party Computation) und AMPC (Anonymized Multi-Party Computation), die bis Januar 2025 implementiert werden sollen und den Zugriff auf verschlüsselte Datenfragmente selbst für World Foundation unmöglich machen sollen.

Die Zukunft des digitalen Identitätsnachweises

World steht an einem kritischen Punkt: Einerseits zeigt das rasante Wachstum, dass die Vision einer globalen Super-App mit integrierter biometrischer Identifikation auf fruchtbaren Boden fällt. Mit strategischen Partnerschaften wie jener mit Razer, die „Nur-Menschen“-Modi in Spielen ermöglicht, oder der Match Group (Tinder) erschließt World kontinuierlich neue Anwendungsbereiche.

Andererseits könnten die datenschutzrechtlichen Hürden den globalen Expansionskurs bremsen. Die kommenden Monate werden zeigen, ob die technologischen Lösungen die Bedenken der Regulierungsbehörden ausräumen können und ob die Nutzer bereit sind, für die Vorteile einer Super-App ihre biometrischen Daten preiszugeben.

Biometrische Revolution oder digitaler Überwachungsstaat?

Die World App steht symbolisch für einen größeren gesellschaftlichen Konflikt: Wie viel persönliche Daten sind wir bereit preiszugeben, um von neuen digitalen Diensten zu profitieren? Die Kombination aus biometrischer Identifikation, Krypto-Wallet und Super-App-Funktionalität ist technologisch beeindruckend und eröffnet völlig neue Möglichkeiten für sichere digitale Interaktionen.

Gleichzeitig wirft sie fundamentale Fragen zum Schutz unserer intimsten Daten auf. World könnte entweder zum Vorreiter einer neuen, sichereren digitalen Identität werden – oder als warnendes Beispiel für die Grenzen biometrischer Datenerfassung in die Technikgeschichte eingehen.

About the author

Bild von Nico Wirtz

Nico Wirtz

Der gelernte TV-Journalist hat Nachrichten und Dokumentationen gemacht, ebenso wie Talk und Entertainment für ProSieben, Kabeleins und TELE5 - am Ende ist es immer die gute Geschichte, die zählt. Emotionales Storytelling zieht sich durch sein ganzes Leben - ob als Journalist, PR- und Kommunikations-Profi, der für große Marken, wie BOGNER, L'Oréal oder Panthene an Kampagnen mitgewirkt hat, oder hier bei MARES als Chefredakteur.
Share this article:

Related Articles